Maître international du jeu d’échecs: Jean-Luc Roos (Foto: Metz)

Jean-Luc Roos triumphiert mit Rochade Kuppenheim im badischen Finale
Von Hartmut Metz
Die Rochade Kuppenheim ist einmal mehr im badischen Pokal über sich hinausgewachsen. Der Schach-Oberligist pflügte mit seinem Viererteam durch die gegnerischen Reihen, als gäbe es keinen gleichwertigen Gegner. Das 4:0 im Viertelfinale in Donaueschingen war ein gutes Omen – weniger wegen des Resultats, sondern weil die Rochade-Cracks nach dem schnellen Sieg bei den Triberger Wasserfällen Rast machten. Dabei kamen sie zufällig am ehemaligen Wohnhaus von Jefim Bogoljubow vorbei. Weil die Bleibe des verstorbenen Vizeweltmeisters zum Verkauf stand, fiel den Kuppenheimern das Gebäude im Zentrum von Triberg erst auf. Ganz im Geiste Bogoljubows deklassierte die Rochade im Halbfinale Oberliga-Vizemeister Ettlingen mit 3,5:0,5 und schaffte im Finale die Sensation: Die OSG Baden-Baden hatte gegen den Ausrichter der Pokal-Endrunde mit 1:3 das Nachsehen. Der deutsche Meister und Pokalsieger war haushoch favorisiert, auch wenn er nur mit seiner zweiten Riege angetreten war. Hubert Schuh, Hans Wiechert und Jean-Luc Roos sorgten für den Erfolg des Außenseiters, der damit nach 1992, 2005 und 2006 zum vierten Mal badischer Pokalsieger wurde. Für die OSG holte Internet-Legende Roland „Hawkeye“ Schmaltz den Ehrenpunkt gegen den Berichterstatter.
Insbesondere Roos zeigte im Finale an Brett zwei eine Klasseleistung und schlug im aufregendsten Duell Alain Genzling. Der Elsässer aus der berühmten Straßburger Schach-Familie – Vater Michel war 1964 französischer Einzel-Meister und Jean-Lucs Brüder Daniel und Louis sowie Schwester Céline tragen als Internationale Meister ebenso den zweithöchsten Titel des Schach-Weltverbandes FIDE! – hat sich bei der Rochade hervorragend eingelebt. Vor seiner ersten Saison bei der Schachgemeinschaft hatte der humorvolle 57-Jährige geulkt: „Jetzt bin ich nur noch ein alter Patzer, der seinen Kuppenheimer Freunden sehr dankbar dafür ist, dass sie ihm einen kleinen Platz in ihrer Mannschaft gewähren“ und fügte bescheiden an, „ich zweifele, ob ich eine Verstärkung bin“. Im Pokal-Finale bewies Jean-Luc Roos einmal mehr das Gegenteil.

IM Jean-Luc Roos – IM Alain Genzling: der “alte Patzer” setzt Matt in zwei

W: Roos S: Genzling
1.e4 d5 2.exd5 Sf6 3.d4 Lg4 4.Sf3 Dxd5 5.Sc3?! Besser gefällt Roos im Nachhinein die Entwicklung mit 5.Le2 nebst c4 und Sc3. Dh5 6.Lb5+ Es ist bereits nicht einfach, einen befriedigenden Zug zu finden. Auf 6.Le2 wird Schwarz Sc6 und 0–0–0 spielen. Der Druck auf d4 gibt Schwarz danach eine sehr gefährliche Initiative, die zudem durch den Bauernvorstoß e5 verstärkt werden kann. Sc6 c6 und Sbd7 schließen die Möglichkeiten mit Spiel gegen d4 aus, so dass Weiß in beiden Fällen nach 7.Le2 etwas besser steht. 7.Lf4 Lxf3 Zerstört die weiße Bauernstruktur – aber dank Lb5 kann sich der Anziehende auf c6 revanchieren. 8.gxf3 0–0–0 Tapfer nimmt Genzling die Herausforderung an, in eine offene Stellung zu rochieren. Allerdings musste er sich auch etwas gegen Lxc7 einfallen lassen. 9.Lxc6 bxc6 10.Dd3 Blickt gen a6, um sogleich dem feindlichen König zuzusetzen. Da5 11.Ld2 11.0–0–0 Sd5 12.Sxd5 cxd5 13.Kb1 wollte Roos vermeiden, da dies die Bauernstruktur von Schwarz unnötig heilt. Db6?! e6! 12.Se4 Db5! 13.Dxb5 cxb5 14.c3 verspricht Schwarz Ausgleich. 12.Le3! Weiß provoziert den Gegner. e6 Auf Dxb2!? 13.0–0 e6 14.Tfb1 Da3 15.Tb3 Da5 16.Tab1 hat Weiß Kompensation für den Bauern. Als Mensch setzt man sich ungern der Turmbatterie auf der b-Linie aus. Computer zeigen indes weniger Furcht in der Stellung. 13.0–0–0 h6 Schwarz hofft auf Angriff, möchte Sd5 spielen – und wenn Weiß Se4 antwortet, wird das Feld g5 schon gedeckt sein. 14.Thg1 Sd5 15.Se4 f5? Ein Fehler. Genzling hatte, wie er in der Analyse bestätigte, schlecht gerechnet und gedacht, dass die weiße Antwort nichts taugt. 16.Sd2! Da5 Genzling wollte ursprünglich f4 spielen und auf 17.Sc4 mit Da6?? kontern – was aber nach 18.Sd6+ Lxd6 19.Dxa6+ die Dame kostet. 17.Kb1 Weiß steht jetzt besser, weil die schwarze Dame in der Klemme steckt. Zudem sind die Felder g6 und e5 ebenso Schwächen, die der Anziehende ausnutzen kann. Sb6?! Da4!? macht es für Weiß in einer praktischen Partie schwieriger. 18.f4 c5! 19.dxc5 Sxf4 20.Db3 Dxb3 21.Sxb3 Txd1+ 22.Txd1 Sd5 23.Ld4 Tg8 24.Te1 Kd7 25.Sa5 g5 26.c6+ Ke7 27.Lxa7 Kf7 28.Sb7 Ld6 29.c4 Sb4 30.Sxd6+ cxd6 31.c7 Tc8 32.Lb6± verspricht jedoch das bessere Endspiel, weil 32…Sa6 durch 33.c5! den Vorteil bewahrt: 33…Sxc5 (33…dxc5? 34.Td1 Ke7 (34…Sxc7 35.Td7+ Kf6 36.Txc7) 35.Td8+–) 34.b4 Sa6 (34…Sd7 35.La5 Ke7 36.Tc1 h5 37.b5 Sc5 38.Txc5 dxc5 39.b6 Kd7 40.b7) 35.b5 Sxc7 36.Tc1 Sd5 37.Txc8 Sxb6 38.Tc7+ 18.Tg6 Dd5?! Dame und Bauern sind nun gerettet – aber dafür muss der König ein bisschen zittern. 19.Da6+ Verzichtet erneut auf Komplikationen. 19.c4 Da5 20.Txe6 Lb4 21.Sb3 Da4 22.Tc1 Thf8 23.a3 f4 24.axb4 fxe3 25.Sc5 Dxb4 26.Txc6 gewinnt ebenso. Zum Beispiel folgt nun auf exf2? 27.Txc7+! Kxc7 28.Sa6+ Kc8 29.Sxb4. Kb8 20.c4 Dd7 21.c5! Gibt dem Springer zwar wieder sein Idealfeld auf d5, bekommt dafür jedoch Angriffschancen. Sd5 Dc8 22.Dxc8+ Sxc8 23.Txe6 f4 24.Lxf4 Txd4 25.Le3 Td5 26.Txc6 Kb7 27.Tg6 kostet zwei Bauern. Das Endspiel nach Lxc5 28.Lxc5 Txc5 29.Se4 Tf5 30.Txg7 Txf3 (Te8 31.Tdd7) 31.Tc1 Tf4 32.Tgxc7+ Kb8 33.Sc5 Kxc7 34.Se6+ Kd6 35.Sxf4 verdichtet Weiß zum Sieg. 22.Sc4 Dc8!? Sehr schlau gespielt. In einer völlig verlorenen Stellung versucht Schwarz, mit einem Beschwichtigungsopfer den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. 23.Dxc6? Und Weiß wählt von verschiedenen Möglichkeiten tatsächlich die harmloseste. 23.Dxc8+ Kxc8 24.Se5 Te8 25.Sxc6 Kb7 26.Txe6! Txe6 27.Sd8+ Kc8 28.Sxe6 g5 29.Sxf8 Txf8 30.Kc2 führt erneut zu einem einfachen Endspiel. Noch strenger ist indes; 23.Da4! Se7 24.Td3!! und der Angriff rollt: Sxg6 (Td5 25.Tb3+ Ka8 26.Ta3 a6 – oder Db7 27.Txe6 f4 28.Tb3 Dc8 29.Txe7 Lxe7 30.Dxc6+ – 27.Txe6 f4 28.Txc6! Sxc6 29.Dxc6+ Db7 30.Txa6+ Kb8 31.De8+ Dc8 32.Ta8+ Kxa8 33.Dxc8+ Ka7 34.Dxc7+ Ka8 Sb6 matt oder bei 34…Ka6 35.Db6 matt) 25.Tb3+ Db7 (Ka8 26.Dxc6+ Db7 27.Dxb7 matt) 26.Da6! Dxb3 27.axb3 Ka8 28.Sa5 Tb8 29.Dxc6+ Tb7 30.Dxb7 matt. Se7 24.Db5+ Ka8 25.Tgg1 g5 26.Se5 Th7 27.Sc6? 27.f4! erweist sich als stärker. Roos fürchtete sich vor einer Aktivierung der schwarzen Figuren mittels c6 28.Da4 Sd5 nebst Tb7. Dies scheitert allerdings an 29.fxg5 hxg5 30.Lxg5 Le7 31.Sxc6 Lxg5 32.Txg5 Dd7 33.Da6 Tc8 34.Sxa7 Dxa7 35.Dxc8+. Dd7 Sxc6 28.Dxc6+ Db7 29.Dxe6 f4 30.Lc1 Dxf3 31.d5 Kb8 (Dxf2 32.d6! c6 33.De4) 32.Df5 Te7 33.h4 macht‘s nochmal etwas spannender. 28.Sxa7! Dxb5 Forciert. Auf c6 folgt 29.Da5 Dxa7 (Kb7 30.Td3 mit Mattangriff) 30.Dxd8+. 29.Sxb5 Kb7 30.f4 g4 31.Sa3 h5 32.Sc4 Lh6 Schwarz scheint das Schlimmste überstanden zu haben – doch plötzlich brauen sich nochmals Gewitterwolken über dem König zusammen! 33.Td3 c6? Mehr Gegenchancen eröffnet Sd5, um wenigstens einige eigene Drohungen zu haben. In Zeitnot ist es aber schwer zu entscheiden, wo der König am besten steht. 34.Tb3+ Auf a6 gerät der König in ein Mattnetz nach Se5, Sc6, Tc1, Tc4, Ta4 und auf Kc8 nach Se5 hat Schwarz Probleme, den weißen a-Bauern aufzuhalten! 34.Tb3+ Kc7 35.Ta3 Sc8 36.Td1 Lg7 So wie Weltmeister Viswanathan Anand vor einigen Tage sagte: „In einer schlechten Stellung sind alle Züge schlecht!“ 37.Tdd3 Kd7 38.Tdb3 Ke8 39.Ta8 Lf6 40.Tbb8! Schwarz kann sich nicht mehr vor herben Materialverlusten retten. Im letzten Zug vor der Zeitkontrolle und einem Sicherheitszug tappt er noch in ein hübsches Matt. Ta7 Tc7 41.Ld2! Lxd4 (Txd4 42.La5 Txc4 43.Lxc7) 42.La5 verliert genauso. 41.Sd6+ Kd7 Ein letzter hektischer Zug. Sxd6 verliert allerdings auch nach 42.Txd8+ Lxd8 43.Txa7. 42.Txa7+ und Roos gewinnt nicht nur nach Sxa7 die Figur durch ein Turmschach auf b7, sondern es ergibt sich ein überraschendes Matt! 1:0.
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