Mentalcoach Werner Schweitzer rät: „Handle mutig und du wirst mutig“
Schweitzer – Albadri: Weiß dreht an der Mutspirale – und Schwarz gibt auf!

Von Hartmut Metz
Schach entscheidet sich im Kopf! Eine vermeintlich banale Aussage, die Werner Schweitzer jedoch interessant zu beleuchten weiß. Der Wiener ist Mentalcoach. Der 48-Jährige arbeitet mit Spitzen- sportlern und Wirtschaftsbossen zusammen. Bis zum Vorjahr betreute Schweitzer auch die Spieler des österreichischen Schach-Nationalkaders im mentalen Bereich. Der Zweitliga-Spieler beim ASV Pöchlarn gibt seine Erfahrungen seit vielen Jahren in Einzel- coachings, Seminaren und Vorträgen weiter. Für Schachspieler besonders lesenswert ist seine monatliche Kolumne im „Schach-Aktiv“, dem öster- reichischen Verbandsorgan. Im Interview mit dem deutschen „Schach-Magazin 64“ räumte Schweitzer mit mancher Mär auf. So dächten viele, Schach habe etwas „mit Intelligenz zu tun. Das stimmt insofern, dass intelligentere Menschen eher Schach spielen. Bei der Spielstärke wurde indes kein signifikanter Zusammenhang festgestellt“, meint der Mentalcoach. Dank einer Untersuchung weiß der Wiener, dass Schachspieler im „Vergleich zu anderen Sportlern eine höhere Selbstverantwortung und mehr Furchtlosigkeit besitzen. Gleichzeitig zeigen sie weniger Selbstdisziplin und Einsatzbereitschaft
und haben weniger Ziele als diese“.
Eigenschaften aus dem „normalen“ Leben fänden sich auch häufig am Schachbrett wieder: „Mutige Menschen im Leben sind auch beim Schach eher bereit, Risiken auf sich zu nehmen.“ Aber es gibt ebenso Angsthasen, die Niederlagen fürchten und deshalb allzu gerne früh remisieren. Dass derlei überwiegend schlechtere Spieler betrifft, liege in der Natur der Sache, erklärt Schweitzer: „Derjenige, der mehr Angst vor Niederlagen hat, bleibt schwächer. Wenn jemand von 25 Partien im Jahr 15 schnell Remis gibt, hat er eigentlich nur zehn gespielt und im Vergleich zu dem, der 25 ausfocht, nur 40 Prozent der Erfahrung des anderen Spielers gesammelt – und genau das wirkt sich dauerhaft in der Spielstärke aus.“

Mentalcoach Werner Schweitzer: Angsthasen spielen zu wenig

Deshalb fordert der 48-Jährige alle Zögerlichen auf: „Handle mutig und du wirst mutig! Die Mutspirale bringen wir in Gang, indem wir mit kleinen, mutigen Handlungen beginnen, anstatt zu zögern. Dadurch entstehen die Zuversicht, dass nichts passiert, und die Freude am Experimentieren. Mit jedem weiteren Mal nimmt der Mut zu.“ Dass das keine Floskeln sind, bewies Schweitzer (2070 Elo) selbst im Vorjahr in der Wiener Betriebsmeisterschaft mit dem Angriffssieg über den deutlich stärkeren Adb Al Sattar Albadri (2226 Elo).

W: Schweitzer S: Albadri
1.b3 Sf6 2.Lb2 d6 3.e3 e5 4.Sf3 Sc6 5.Lb5 Lg4 6.h3 Lh5 Ld7 ist solider, weil der Zug den Springer entfesselt. 7.d4 e4 8.d5 8.g4 erlaubt Sxg4 9.hxg4 Lxg4 10.Le2 exf3 11.Lxf3 Weiß hat dann zwar einen Bauern weniger, jedoch das einfachere Spiel angesichts all der offenen Linien. a6 9.dxc6 axb5 10.cxb7 Tb8 11.g4 Sxg4! exf3 12.gxh5 Le7 13.h6 g6 14.Dxf3 spielt sich für Weiß angenehm. 12.Dd5! Sorgt für Verwicklungen. 12.hxg4 Lxg4 13.Dd5 Lxf3 14.Tg1 c6 15.Dxc6+ Dd7 16.Dxd7+ Kxd7 17.Sd2 Txb7 18.a4 bxa4 19.Txa4 h5 20.Sxf3 exf3 21.Tg3 führt zu einer ausgeglichenen Stellung. exf3? Sxf2! sieht etwas besser für Schwarz aus. 13.Kxf2 Lxf3 14.Tg1 Dd7 15.Sd2 c6 16.Dd4 f6 17.Sxf3 exf3 18.a4 Txb7 19.axb5 Txb5 20.Ta7 Tb7 mit ausgeglichener Stellung. 13.Dxh5? überzeugt weniger: Sxh1 14.Sd4 Dd7 15.a4 Le7 16.axb5 Sg3 17.Dg4 Dxg4 18.hxg4 Kd7 19.Ta7 (oder 19.Sc6 Txb7 20.Sxe7 Kxe7 21.Kf2 Sh1+ 22.Kg2 Txb5 23.Sc3 Tg5 24.Kxh1 Kd7 25.Sxe4 Txg4 26.Sf2 Tg5) Lg5 20.Kf2 Sh1+ 21.Kg2 Lxe3 22.Kxh1 h5 23.g5 The8. 13.Dxb5+ 13.Dxh5 ist ebenso interessant: Se5 (Nach Sf6 14.Dxb5+ Dd7 15.Dxd7+ Kxd7 16.Sd2 Txb7 17.Tg1 Ke6 18.Sxf3 g6 19.Ke2 steht Weiß dank des Mehrbauern auf Gewinn) 14.Lxe5 g6! 15.Dxf3 dxe5 16.a4 bxa4 17.Txa4 f5 18.Dc6+ Dd7 19.Dc4 Ld6 20.Ta7 Kf8 21.Sc3 Kg7 22.0–0 mit besseren Chancen für den Anziehenden. Dd7 14.Dxh5 Sf6?! Se5 bietet etwas mehr Widerstand. 15.Lxe5 dxe5 16.Dxe5+ De6 17.Dxe6+ fxe6 18.Sd2 Lb4 19.0–0–0 Tf8 20.Thg1 g6 21.Sc4 Txb7 22.Kb2 Die Stellung gewinnt Weiß jedoch auch. 15.Dxf3 Le7 16.Tg1 Kf8 0–0 kostet eine Figur: 17.Lxf6 Lxf6 18.Dxf6. 17.Sc3 c6 18.Se4 Se8 19.0–0–0 Dxb7 20.Dg3 20.Sxd6! geht auch schon. Lxd6 21.Txd6! Sxd6 22.Lxg7+ Ke7 23.Df6+ Kd7 24.Lxh8. f6 21.Df4?! 21.Sxd6! ist wieder am konsequentesten: Lxd6 22.Txd6 Sxd6 23.Dxd6+ Kf7 (Ke8 24.Lxf6! gxf6 25.Dxf6 Tf8 26.De5+ Kd8 27.Tg7) 24.Txg7+! Kxg7 25.Dxf6+ Kg8 26.Le5! (26.Dxh8+ Kf7 27.Dxh7+ Ke6 28.Dg6+ reicht auch) Ta8 27.Dxh8+ Kf7 28.Dxh7+ Ke6 29.Dxb7. d5 22.Sg5 Ld6 23.Se6+ Kf7

24.Dg4? 24.Txg7+! entscheidet sofort. Sxg7 25.Dxf6+ Ke8 (Kg8 26.Tg1 mit umgehendem Matt) 26.Sxg7+ Kd7 27.Sf5 Lc5 28.Tg1. g6? Dc8! 25.Sd4 Dxg4 26.hxg4 lässt den Nachziehenden noch kämpfen. 25.Sg5+! Kg7

26.Sxh7! 1:0. Nach Df7 (Txh7 27.Dxg6+ Kf8 28.Dg8+ Ke7 29.Dxh7+) 27.Sg5 De7 28.Se6+ Kf7 29.Sd4 De4 30.Dd7+ De7 31.Dxe7+ Lxe7 32.Sxc6 Tc8 33.Sxe7 Kxe7 34.Txd5 garantieren die zahllosen Mehrbauern den Sieg.

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