Die Rochade Kuppenheim hat beim zweiten Meisterschaftsfavoriten der Verbandsliga Südbaden SK Wiehre-Freiburg eine starke Leistung gezeigt und ein 4:4 ertrotzt. Dennoch hofft der Oberliga-Absteiger noch, beide Punkte einzuheimsen! Grund ist die Hängepartie, die an Brett zwei entstand: Nachdem Jean-Luc Roos in einem minimal besseren Endspiel mit je zwei Springern und sieben Bauern ein Remis im 40. Zug anbot, überlegte Alberto Barp etwa zehn Minuten. Danach nahm er nicht etwa an oder lehnte ab angesichts der sich abzeichnenden 4:3-Führung für Kuppenheim – sondern reklamierte Zeitüberschreitung von Schwarz!

Jean-Luc Roos sorgt für eine Hängepartie in der Verbandsliga.

Chaos durch die Uhr

Michael Stock gab dem als Kapitän des Gastgebers und somit als Schiedsrichter statt. Begründung: Roos habe nur noch 50 Minuten und 23 Sekunden auf der Uhr, hätte aber mindestens 50:30 Minuten haben müssen wegen des 30-sekündigen Bonus nach jedem Zug. Rochade-Kapitän Joachim Kick besprach mit Stock die Situation in aller Ruhe und akzeptierte die Entscheidung vorerst, um hernach – wie gleich angekündigt – mit einem Protest beim badischen Turniergericht die verworrene Situation zu klären. Roos hatte für den 40. Zug noch mehr als zwei Minuten Zeit, weshalb er nicht hektisch wurde, erzählte der französische IM später. Der Zugzähler auf der Uhr war aus und Barp bekam spätestens nach fünf Minuten keine Zeitüberschreitung mehr angezeigt (ermittelten die Rochade-Spieler im Nachgang an heimischen eigenen Uhren), so sie überhaupt auf den Freiburger Uhren zu sehen war. Schiedsrichter Stock war selbst noch mit seiner Partie gegen Markus Merklinger beschäftigt, weshalb er keine Zeitüberschreitung feststellen konnte an Brett zwei – sofern sie überhaupt vorlag. Dem Vernehmen nach soll Barp nach den knapp zehn Minuten einen nicht statthaften Hinweis von einem Mannschaftskameraden erhalten haben, dass Schwarz die Zeit überschritten habe. Auf der Zeitanzeige waren zu diesem Zeitpunkt nur die 50 Minuten bei Schwarz zu sehen, während Weiß inzwischen bei 40 verbliebenen Minuten stand. Die 50:23 Minuten wurden erst exakt ermittelt, als Kick und Stock zusammen die Uhreneinstellung gemeinsam prüften.

Hartmut Metz knüpft nach langer Krankheit erstmals wieder an alte Form an.

Schuh schneidet eigenen Läufer ab

Der Wettkampf verlief auch so spannend. Die Rochade hatte dabei eher Vorteile. Hubert Schuh gewann aus der Eröffnung heraus eine Qualität. Er stand dadurch auch auf Gewinn – jedoch galt es, seinen eingekesselten Läufer von a8 wieder zurück in die eigenen weißen Reihen zu bekommen. Das misslang letztlich nach einem Fehler, weil er seinen Bauern nach e4 vorzog und somit viel später den Rückweg abschnitt. Francesco Seresin eroberte so den Läufer und setzte den Vorteil mit zwei Springern gegen Turm dank eines Freibauern um. Zuvor hatte Jochen Klumpp erwartungsgemäß gegen Declan Moos, der über 600 DWZ weniger auf die Waage brachte, an Brett acht mit Schwarz sicher geschlagen. Glück hatte Kick, nachdem er in ein Bauernendspiel abwickelte. Juan Luis Fernandez Aguado verschenkte durch einen Fehler mehrere Tempi, so dass ihn Schwarz in Zugzwang brachte, statt umgekehrt. Damit war der verpasste Sieg von Schuh wieder ausgeglichen. Der starke Nicolas Paltrinieri beherrschte Ralf Großhans an Brett vier positionell und kam dem sich erfidungsreich verteidigenden Kuppenheimer mit einem Mattangriff zuvor. Für die erneute Führung der Rochade sorgte Hartmut Metz. Marcos Osorio-Ortiz hatte sich aus der weißen Umklammerung in einer Schottischen Partie befreit. Als der Peruaner Gegenchancen witterte, übersah er ein weißes Zwischenschach, das den schwarzen König nach h7 zwang und seinen Springer in eine unangenehme Fesselung stellte. So gewann Metz einen Bauern, konnte die Damen tauschen und verwertete das Endspiel mit Läuferpaar gegen Springer und Läufer souverän. Als der Kuppenheimer FM einen zweiten Bauern eroberte, gab Osorio-Ortiz sofort auf.

Ehmanns Performance fällt unter 2700

Merklinger nahm so nach wechselseitigen Remis-Angeboten die Offerte von Stock an. Zwischenzeitlich hatte es allerdings für ihn gegen den Gastgeber, in dessen Villa der Kampf nach einer Verlegung bei bester Verköstigung stattfand, nicht so gut ausgesehen. Am Schluss wirkte es aber wieder ordentlich für Merklinger. Beim Stand von 3,5:3,5 (Roos dabei vor Ort als Verlust gerechnet) kämpfte einmal mehr Thilo Ehmann am Spitzenbrett. Erneut bewies der deutsche Einzelpokalsieger, welch große Verstärkung er für die Rochade ist! Gegen Lorenzo Lodici, der mit 2547 DWZ eine noch höhere Rating aufweist als Großmeister Andrej Sokolow, den Ehmann zum Saisonauftakt geschlagen hatte, verteidigte sich Ehmann umsichtig. Der Italiener kämpfte bis zur letzten Patrone. Der Kuppenheimer Spitzenspieler musste zwar seinen Turm für den schwarzen a-Bauern geben, aber dafür kam sein f-Bauer rechtzeitig auf f8, wonach Lodici mit seinem verbliebenen Turm das Brett von allen Figuren mit Ausnahme der Könige befreite. Ein großer Kampf bis zur Hängepartie bei 4:4! Hernach musste sich Ehmann bei der Heimfahrt den Spott gefallen lassen, dass seine DWZ-Performance „schändlicherweise“ unter 2700 DWZ fiel …

Spannendes Verbandsliga-Titelrennen

Sollte die Rochade beide Punkte zugesprochen bekommen, wäre das Oktett wieder in der Lage, den Titel aus eigener Kraft zu erringen. Meisterschaftsfavorit Emmendingen unterlag überraschend dem Verbandsliga-Meister Dreiländereck, der auf den Aufstieg verzichtet hatte. Dass es aber ein steiniger Weg bleibt, zeigt sich in der Tabelle: Die starken Gottmadinger liegen mit 0:4 Punkten auf dem letzten Platz! Freiburg-Zähringen weist als einziges Team noch keinen Minuspunkt auf. Dreisamtal und Dreiländereck (beide 3:1) sind neben Wiehre-Freiburg und Emmendingen (2:2) die heißesten Anwärter auf die Oberliga.