Pianisten- und Schach-Legende Mark Taimanow feiert 90. Geburtstag
Evans – Taimanow (Variante): Schwarz gewinnt rasch mit einem “Pauken- schlag”

Von Hartmut Metz
„Jetzt bleibt mir nur meine Musik!“, lautet der be- rühmteste Satz von Mark Taimanow. Daraus klang bloße Verzweiflung nach einer vernichtenden Pleite. 1971 unterlag der sowjetische Großmeister im Kandi- daten-Viertelfinale Bobby Fischer mit 0:6. Obwohl der Amerikaner auf dem Weg zum WM-Titel auch noch den Dänen Bent Larsen mit 6:0 überfuhr und Ex-Weltmeister Tigran Petrosjan mit 6,5:2,5 genauso schlug wie danach Titelverteidiger Boris Spasski, musste Taimanow in seiner Heimat Repressalien erdulden. Dank der Musik überstand der Pianist aber diese und hadert nicht mehr damit, berichtet die Schach-Webseite Chessbase: „Auch wenn dieses Match auf Grund sehr ungünstiger Umstände 0:6 gegen mich ausging, gehört es zu meinen größten Erlebnissen und wird immer Teil der Schachgeschichte bleiben“, sieht Taimanow die Schlappe nun gelassen. Sie liegt schließlich 45 Jahre zurück – und der ehemalige Senioren-Weltmeister ist jetzt doppelt so alt. Vergangenen Sonntag feierte die Legende seinen 90. Geburtstag. Als zweiter Schachspieler nach dem Opernkomponisten und stärksten Meister des 18. Jahrhunderts, François André Philidor (1726-1795), feierte der zweifach sowjetische Landesmeister ebenfalls in den großen Konzertsälen der Welt Triumphe.
„Ich kann mich zu den Enthusiasten auf beiden Gebieten zählen und von einer Kunst zur anderen umschalten. Wenn ich einen Misserfolg in dem einen Bereich hatte, konnte ich das durch den anderen kompensieren. Und umgekehrt, wenn ich Siege auf dem einen Gebiet erreichte, konnte ich gelassen mit Niederlagen in dem anderen umgehen. Gott sei Dank gab es keine Zeit, in der ich im Schach und in der Musik gleichzeitig nichts Besonderes zuwege brachte.“
Als Musiker nahm ihn der einstige Schallplatten-Riese Philips in die Reihe „Die größten Pianisten des 20. Jahrhunderts“ auf. Taimanow und seine erste Ehefrau, Ljubow Bruk, galten als kongeniales Klavierduo. Ihre Stücke darauf von Mozart, Chopin, Rachmaninow, Arenski, Busoni, Poulenc und Milhaud stammen aus ihrer großen Zeit von 1959 bis 1968. Zu Beginn der 70er Jahre trennte sich das Paar, was manch einer dem enormen Druck in der Sowjetunion zuschrieb, dem Taimanow nach seinem Fischer-Match ausgesetzt war. Die nachstehende Partie gewann der Jubilar 1954 beim Match zwischen den USA und der UdSSR gegen Larry Evans.

W: Evans S: Taimanow
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0–0 6.Le2 e5 7.0–0 Sc6 8.d5 Se7 9.Se1 Sd7 10.Sd3 f5 11.exf5 gxf5 12.f4 e4 13.Sf2 Sf6 14.Le3 Kh8 15.Kh1 Tg8 16.Tg1 c5 17.h3 Sg6 18.g4?! 18.a3 sieht vernünftiger aus, um am Damenflügel zu spielen. fxg4 19.hxg4

Sh5! Wirft einen Blick auf f4 und nimmt den entblößten König ins Visier. 20.gxh5? 20.Dd2 ist zwar auch nicht schön, hält den Schaden aber in Grenzen: Dh4+ 21.Kg2 Lh6 22.Kf1 Sg3+ 23.Ke1 Dh2 24.Sfxe4 Sxe4 25.Sxe4 Lxf4 26.Tf1 Dh4+ 27.Kd1 Lxg4 28.Lxf4 Lxe2+ 29.Kxe2 Taf8 30.Dc3+ Tg7 31.Tae1 (31.Le3 Dxe4 32.Txf8+ Sxf8 33.Tf1 Sd7 belässt Schwarz sehr gute Chancen) Txf4 32.Txf4 Dxf4 33.Kd1 und die Stellung befindet sich im Gleichgewicht. Dh4+ 21.Kg2 Sxf4+ 22.Kf1 22.Lxf4 Lxc3+ 23.Kf1 Lh3+ 24.Sxh3 Dxh3+ 25.Kf2 Ld4+. Lh3+ Der schwarze Angriff rollt mit voller Wucht. 23.Sxh3 Dxh3+ 24.Kf2 24.Ke1 Dxe3 und Evans kann das Matt nicht mehr lange hinauszögern. Taf8 25.Lf3 Sd3+ 26.Ke2 Txf3 Dxf3+ macht noch kürzeren Prozess! 27.Kd2 Diagramm

Dxe3+!! 28.Kxe3 Lh6+ 29.Kxe4 Sf2 matt. 27.Dd2 Txe3+! Tf1! gewinnt ebenso: 28.Taxf1 Dxh5+ 29.Tg4 Dxg4+ 30.Tf3 Dxf3 matt. 28.Dxe3 Dxh5+ 29.Kd2 Lh6 Taimanow wickelt einfach ab und erobert die Dame. 30.Txg8+ Kxg8 31.Sxe4 Lxe3+ 32.Kxe3 Dh3+ 33.Kd2 Se5 34.Tg1+ Kf8 35.Tg3 Dh5 Die Materialverteilung ist hoffnungslos, weshalb Evans aufgab. 0:1.

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