Iwanow – Schachinger: Weiß gewinnt – brillant gefaked?

Computer-Betrug? Bulgarisches „Naturtalent“ lässt Test ausfallen
Von Hartmut Metz
Mit großem Getöse kündigte Borislaw Iwanow an, die Vorwürfe gegen ihn mit einem Test auszuräumen. Der Bulgare stellte sich als schachliches Naturtalent dar, das ohne jede Hilfe spiele und durchaus Großmeister bezwingen könne. Doch der groß angesetzte Test des bulgarischen Schachverbandes in Sofia platzte. Präsident Silvio Danailow, gleichzeitig auch Chef der Europäischen Schachunion (ECU), stand nach seiner übereilten Rückreise aus Spanien um 13 Uhr mit seinen Funktionären einsam und verlassen da – Iwanow hatte über seinen Anwalt den Test abgesagt, weil er ein Turnier in Warna spielen wolle. Zuvor hatte der junge Spieler aber in einem Interview für eine Fernsehshow erklärt, dass ihn der dortige Organisator als Teilnehmer „kategorisch“ ablehnt … Nicht die einzige Ungereimtheit bei Iwanow. Der 25-Jährige wurde Ende 2012 urplötzlich „berühmt“. Nach einem guten Turnier in Spanien toppte er beim A-Open in Zadar (Kroatien) seine Leistung und bezwang in neun Runden gleich vier Großmeister! Für einen Spieler seiner Klasse mit 2 227 Elo-Weltranglistenpunkten ein unglaubliches Resultat, wäre doch schon ein Sieg gegen diese Kaliber erstaunlich gewesen. Das rief die Kontrahenten rasch auf den Plan, weil bei einem 25-Jährigen keine extremen Leistungssprünge mehr zu erwarten sind: Laut der stets gut informierten Webseite „www.chessbase.de“ stellten die Experten deshalb bei Iwanows Spiel „auffallende Parallelen“ zu den Zugvorschlägen des derzeit stärksten Programms „Houdini“ fest.
Eine Leibesvisitation in Zadar ergab vor der achten Runde allerdings keine Verdachtsmomente – als man Iwanow trotzdem seinen Stift abnahm, unterlag er jedoch prompt dem bosnischen Großmeister Borki Predojevic. Nachdem in der letzten Runde der Kroate Ivan Saric mit fliegenden Fahnen unterging, belegte der Bulgare mit 6:3 Punkten den vierten Platz in dem glänzend besetzten Wettbewerb.
„Ich spiele brillant, weil ich gut trainiere, das ist das Geheimnis. Die Großmeister weigern sich, das zu akzeptieren und haben deshalb angefangen, Verdächtigungen zu streuen“, behauptete Iwanow vollmundig in den bulgarischen Medien und beschimpfte seine Kritiker und viele Schachspieler als „Arschgesichter“. Eine viermonatige Sperre des bulgarischen Verbandes lief mittlerweile ab – dieser vertraut aber darauf, dass künftig alle Organisatoren Iwanow nicht mehr mitspielen lassen. Mit dem Sieg über den starken Österreicher Mario Schachinger begann in Zadar Iwanows verdächtiger Siegeslauf. Vor allem das Finale trug er perfekt vor.

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