Amin – Baramidze: Schwarz opfert weiter und gewinnt – bereits mit Minus- läuferpaar

Taktische Aufstellung beschert deutscher Auswahl kleinen Erfolg / Rogozenco neuer Bundestrainer
Von Hartmut Metz
Die deutsche Nationalmannschaft hat an ihren Höhenflug von 2011 nicht anknüpfen können. Die Titelverteidigung bei der Schach-Europameisterschaft in Warschau misslang gründlich: Platz 20 unter 38 Teams bedeutete eine herbe Enttäuschung. Allein Arkadij Naiditsch überzeugte am Spitzenbrett mit 5,5:1,5 Punkten und schob sich dadurch auf Platz 18 der Weltrangliste. Bereits eine Woche später musste die Auswahl des Deutschen Schachbundes (DSB) erneut an die Bretter: Als Europameister hatte man sich für die Mannschafts-WM in Antalya qualifiziert. Ein Desaster wie bei der EM konnte das Team verhindern. Durch vier Siege – darunter zwei 3:1 gegen die nominell überlegenen Quartette aus Armenien und Aserbaidschan – und 8:10 Punkte belegte die Nationalmannschaft Rang sieben unter zehn Teams. Immerhin ein Platz über der Setzliste beim russischen WM-Erfolg. „Mit insgesamt acht Mannschaftspunkten sollten wir nicht unzufrieden sein, aber es war wirklich mehr drin“, meint Naiditsch und begründet, „wir hatten relativ viel Pech, wir hätten mindestens ein, zwei Mannschaftspunkte mehr holen können.“ Die Taktik der Deutschen fiel ungewöhnlich aus: Ihren besten Mann Naiditsch stellten sie auf Brett vier auf. Sein Vereinskamerad bei der OSG Baden-Baden, Georg Meier, spielte auf Position zwei gut. Daniel Fridman überzeugte als Nummer drei besonders mit 4,5:2,5 Zählern. Remisspezialist Igor Khenkin hatte an der Spitze (2:5) aber wenig Sonne. Und Naiditsch kam nicht über 4,5:3,5 Punkte hinaus. „Die Brettreihenfolge war natürlich taktisch gedacht und eine interessante Idee. Wir wollten eben zumindest an einem Brett höhere Gewinnchancen haben“, erläutert der Kurstädter die Hoffnungen im Vorfeld.
Künftig trägt für derlei Dorian Rogozenco die Verantwortung. Der 40-Jährige aus Moldawien wurde zum neuen Bundestrainer berufen. Damit geht auch ein Zwist vorläufig zu Ende, der vor allem zwischen Uwe Bönsch und Naiditsch schwelte. Der bisherige Bundestrainer wurde schon gar nicht mehr zu EM und WM mitgeschickt. Stattdessen heuerte der finanziell nicht auf Rosen gebettete DSB lieber Honorarkräfte an und hievte Großmeister Bönsch ins neu geschaffene Amt des Sportdirektors.
David Baramidze (2:4 Punkte) gewann bei der WM nur eine Partie zum Auftakt gegen den Ägypter Bassem Amin. Dieser Sieg fiel aber ausgesprochen schön aus.

W: Amin S: Baramidze
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.d4 exd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sxc6 bxc6 6.e5 De7 7.De2 Sd5 8.c4 Sb6 9.Sc3 De6 10.De4 g6 Die beliebteste Fortsetzung. Rechnern sagt d5 11.exd6 Lxd6 etwas mehr zu. 11.Ld3 Lg7 12.f4 La6 0–0 kommt ebenso in Betracht. 13.b3 d5!? Eine interessante Fortsetzung. 0–0 ermöglicht Weiß 14.La3 Tfe8 15.Df3 f5 16.0–0–0. Die weißen Chancen sind vorzuziehen. Schwarz kann zwar mit d6 das Zentrum knacken, aber wenn Weiß zu h3 und g4 kommt, wird es für den schwarzen König schnell ungemütlich. 14.cxd5 cxd5 15.Sxd5 Sxd5 Hingegen verbietet sich Lxd3? wegen 16.Sxc7+ Kd7 (Ke7 17.Db4+) 17.Sxe6 Lxe4 18.Sc5+ und Weiß hatte in Mede-Kovacs, Salgotarjan 2004, zwei Bauern mehr nach dem Schlagen auf e4. 16.Da4+ Der Nachziehende muss 16.Lxa6 Dxa6 17.Dxd5 nicht fürchten. Für den Bauern verfügt Schwarz über mehr Königssicherheit. 0–0 18.Kf2 Tad8 19.Dc4 Dxc4 20.bxc4 f6 ergab 2009 auf Mallorca Ausgleich im Duell Abergel-Bhat. c6 Der Damentausch mittels 16…Dd7? führt ins Verderben, wie der ukrainische Großmeister Michail Golubew in „Chess Today“ analysiert: 17.Dxd7+ Kxd7 18.Lxa6 Sb4 19.Lb7 Sc2+ 20.Ke2 Tab8 21.Td1+ Ke7 22.Lf3!± (David-Brochet, Evry 2003) und nun endet Sxa1 wenig ersprießlich: 23.La3+ Ke6 (Ke8 24.Lc6 matt) 24.Lg4+ f5 25.exf6+ Kxf6 26.Lb2+ Kf7 27.Td7+ Ke8 28.Lxg7 Tg8 29.Lxa1. 17.Lxa6 Schlechter ist 17.Dxa6? wegen Sb4 18.Dc4 Dxc4 19.Lxc4 Sc2+ 20.Kd2 Sxa1 21.Lb2 0–0–0+ 22.Kc1 Sxb3+ 23.axb3. Lxe5! Das starke Opfer legt den weißen Monarchen bloß. 18.fxe5 Dxe5+ 19.Kf2 Df6+! 0–0?! ist weniger präzise angesichts von 20.Ld2! Tad8 21.Thd1! Tfe8 22.Kf1! (bloß nicht 22.Kg1?? Se3 23.Lxe3 Dxe3+ 24.Kf1 Txd1+ 25.Txd1 Te4 26.Dxc6 Tf4+ 27.Df3 Txf3+ 28.gxf3 Dxf3+) Dxh2 23.Te1!± Dank des starken Läuferpaars dürfte der Nachziehende langfristig Probleme bekommen, sobald sein Angriff abgeschlagen ist. 20.Kg3 20.Kg1 lässt Baramidze die Wahl zwischen zwei Remisvarianten: Tb8 (Dxa1 21.Dxc6+ Kf8 22.Dxa8+ Kg7 23.Dxd5 Dxc1+ 24.Kf2 Dxh1 25.Dd4+ f6 26.Dxa7+ Kh6 27.De3+=) 21.De4+ Kd8 22.Db1 Dd4+ 23.Kf1 Df6+. Dc3+! 21.Kh4? Besser, Amin scheut das Risiko und fügt sich ins Dauerschach. 21.Kf2 Df6+. 0–0 Se7 geht ebenso: 22.De4 0–0 23.Dxe7 Tfe8 24.Dc7! Te4+ 25.Lf4 Df6+ 26.Kg3 Dc3+ 27.Kg4 h5+ 28.Kh4 Df6+ 29.Kg3 Dc3+. 22.Lh6 22.Tb1? Tae8 (oder h6!?) 23.Dg4 (23.Dc4 De5) h5 24.Df3 Se3 stellt zu viele lästige Drohungen auf. Se7! 23.Df4? Das verliert. Allein 23.g3 Sf5+ 24.Kh3 Sxh6 25.Tac1 Df3 26.Thf1 Dh5+ 27.Dh4 (27.Kg2? Sg4) Dxh4+ 28.Kxh4 Tfd8 29.Tfd1 Sf5+ 30.Kh3 Txd1 31.Txd1 Te8 32.Tc1 Se7 schafft den Übergang in ein ausgeglichenes Endspiel. Sf5+ 24.Kg4 Tfe8? Tad8! macht kurzen Prozess. 25.Tad1 Sxh6+ (beziehungsweise Tfe8) 26.Dxh6 Dc2! 27.Tdg1 (27.Txd8 Dxg2+) Td4+ 28.Kh3 Df5+ 29.g4 Df3+ 30.Kh4 Te8 31.Lc4 Tee4 32.h3 Df2+ 33.Kg5 Te5 matt. 25.g3 Da5 Te5! gewinnt die Figur zurück bei anhaltendem Angriff: 26.Kh3 Sxh6 27.Dxh6! (27.Taf1 ist stärker. Th5+ 28.Kg2) Df3! 28.Thf1 Th5+ 29.Dxh5 Dxh5+. 26.Ld3? Der letzte Fehler. 26.Lc4! Sxh6+ 27.Kh3 kann Weiß vielleicht noch retten. Tad8 27.Lxf5

Td4! 28.Tae1 28.Dxd4 Dxf5+ 29.Kh4 Dh5 matt. Dxf5+ 29.Kf3 Txf4+ 30.Lxf4 Txe1 31.Txe1 g5 0:1.


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