Hochspannung beim 2. Hofheimer Schach-Tischtennis-Turnier / Ehepaar von Rahden trumpft auf

Der deutsche Einzelmeister hatte alle Schach-Partien wie sein Partner standesgemäß gewonnen. Doch jetzt stand Jonas Rosner trotzdem plötzlich mit dem Rücken zur Wand: Zur Titelverteidigung in Kriftel mussten mindestens drei Punkte in Folge her und zwar auf weniger gewohntem Terrain – an der Tischtennisplatte! Dabei lief Rosner gegen das Doppel Steffi und Arvid von Rahden zur Topform auf. Der Hobbyspieler trumpfte beim Stand von 7:10 im entscheidenden dritten Satz groß auf und spielte erstaunliche Bälle. Die durfte man von der Oberrader Hessenliga-Abwehrspielerin Steffi von Rahden erwarten, auch von Rosners Doppelpartner Hartmut Metz, der in der ersten Mannschaft des TTC Muggensturm spielt. Aber selbst Arvid von Rahden, Schachspieler beim SC Obertshausen (Elo 2183), trug zu dem dramatischen Finale bei und schaufelte wie seine 36-jährige Gattin einige Schmetter- und Angriffsbälle von Rosner/Metz spektakulär zurück auf den Tisch.

Jonas Rosner (links) und Hartmut Metz „synchronisieren“ sich mit der Zeit

Die Titelverteidiger ließen nicht locker und glichen tatsächlich noch zum 10:10 aus. In der Verlängerung machte es Aufschlagkönig Metz dann besser als bei der 9:11-Drei-Satz-Niederlage gegen Steffi von Rahden, als der zu engagierte Aufschlag zum Matchverlust ins Aus segelte. Diesmal verpasste der Return von Arvid von Rahden die Platte zum 10:12. Beide Seiten lobten freundschaftlich ihre guten Leistungen und gewannen zusammen die zweite Auflage des Tischtennis-Schach-Turniers, das der SV Hofheim zusammen mit der Tischtennis-Abteilung des TuS Kriftel ausrichtete. Rosner bekam zudem von seinem Partner den passenden neuen Ehrennamen „Rossi“ verliehen – in Anlehnung an Bundestrainer Jörg Roßkopf, der anno 1989 Doppel-Weltmeister mit Steffen Fetzner geworden war.

Trotz der Vorhandpeitsche, die diesmal einschlägt: Hartmut Metz unterliegt im dritten Satz dem Abwehr-Ass Steffi von Rahden.

Die beiden Sieger kamen jeweils auf stolze 74 von 80 möglichen Punkten. Für den ersten Platz gab es in den vier Disziplinen 20 Zähler, für jeden Rang tiefer zwei weniger. Die Kombination Thomas Benen/Thomas Schlapp sicherten sich mit guten 58 Punkten Bronze. Benen war mit Abstand der stärkste Tischtennisspieler. Die Tischtennis-Rating (TTR) von 1792 dürfte mindestens einer Schach-Elo von 2200 oder gar höher entsprechen. Er bekam aber im Tischtennis-Einzel weder Steffi von Rahden vor den Schläger noch Metz. Die beiden hielten das Ass von der SG Egelsbach im Schach auf Distanz, da die „Tischtennisspieler“ nach den Runden 1, 3 und 5 auch zweimal ans Brett mussten. Benen verlor da entscheidende Zähler und wurde so nur Vierter in seiner Paradedisziplin. Die „Schachspieler“ setzten in Partien mit zehn Minuten Bedenkzeit dreimal zum Matt an und nahmen zweimal den Schläger in die Hand.

Familie Scholz (an der Platte hinten) im Clinchmit der Familie von RahdenFamilie Scholz (an der Platte hinten) lässt im Spitzendoppel die Familie von Rahden laufen.

Dabei hatte „Rossi“ Rosner Pech, traf er doch auf Arvid von Rahden an der Platte. Am Brett hätte sich wohl der deutsche Einzelmeister gegen den 44-Jährigen durchgesetzt. So war von Rahden klar überlegen und gewann beide Sätze haushoch. Wie seine Frau Steffi, die eine für eine Tischtennisspielerin beachtliche Schach-Elo von 2028 auf die Waage brachte, heimste er 20 Punkte im Einzel ein. FM Hartmut Metz hätte beim Schach vermutlich zumindest nicht gegen die flinke Hessenliga-Abwehrspielerin verloren. Immerhin rettete er mit 4/5 und bester Buchholz wie Rosner 18 Punkte als Zweiter im „Tischtennis-Einzel“. Den Rückstand glichen die am weitesten angereisten Teilnehmer aus Baden, wo die beiden zuletzt für Ettlingen beziehungsweise Rochade Kuppenheim in der Oberliga gespielt hatten. in den beiden Doppel-Wettbewerben aus. Ist dieser im Tischtennis eine gewohnte Übung, müssen sich die Teilnehmer beim Denkspiel erst daran gewöhnen. „Wer ist am Zug?“, hörte man während der Partien mit zehn Minuten Bedenkzeit des Öfteren … Rosner/Metz, die auch ein ähnliches Eröffnungsrepertoire haben, adaptierten die Regel am schnellsten. „Wir hatten am Ende meist dieselben Ideen und Pläne“, sah sich Metz bald mit Rosner „synchronisiert“.

Die Titelverteidiger Hartmut Metz (von links) und Jonas Rosner teilten sich diesmal den Sieg mit Steffi und Arvid von Rahden. Rang drei sicherten sich Thomas Benen und Thomas Schlapp.

Im Doppel übernahm aber der Ehrenpräsident des TTC Muggensturm die Führung und griff risikolustig an – obwohl ihm einst Bundestrainer Jörg Roßkopf nach einem Trainingssatz gegen den siebenfachen Olympia-Medaillengewinner Dimitrij Ovtcharov, der mit 3:11 endete, empfahl „sicherer zu spielen“. So schlugen die beiden auch überraschend Benen/Schlapp. Den Schachspieler von König Nied mit einer Elo von 2189 konnte Benen nicht mitziehen. Rosner agierte merklich sicherer als Schlapp. Zum Turniersieg im Tischtennis-Doppel reichte es indes nicht. Hier setzte sich die Familie Scholz, Vater und Sohn, mit fünf Siegen verdient durch. Im Schach büßten sie jedoch zu viele Zähler ein, weshalb es nur zu Rang fünf mit 44 Gesamtpunkten reichte. Mit drei zweiten Plätzen, die 54 Punkte ergaben, und dem Schach-Sieg schlossen Rosner/Metz zu Steffi und Arvid von Rahden auf, die als Zweite im Schach-Doppel und Dritte im Tischtennis-Doppel ihre sechs Punkte liegen ließen.
Arvid von Rahden fand die „Idee mit dem Duathlon klasse!“ „Es machte richtig Spaß“ ergänzte seine Frau Steffi, die er beim Schach kennen gelernt hatte. Während Rosner/Metz gegen den Modus auch nichts einzuwenden hatten, schlug Schlapp vor, diesen so zu ändern, dass „die schwächeren Schachspieler auch Chancen auf den Gesamtsieg haben“. So diskutierten die Teilnehmer mit der Organisatorin Anna-Luise Heymann-Lobzhanidze, ob im nächsten Jahr, wenn der dritte Schach-Tischtennis-Wettbewerb am 23. Juli 2023 ausgetragen werden soll, womöglich die Konkurrenten ein Spiel im Schach und Tischtennis austragen. Zeitlich dürfte das kein Problem sein, da Heymann- Lobzhanidze stets so flink ausloste, dass das Turnier zwei Stunden früher als geplant endete. Wegen der oft großen Unterschiede in der Spielstärke gingen beide Sportarten außerdem schnell über die Bühne.
Heymann-Lobzhanidze, die auch beim Zweitligisten Hofheim die Zügel fest in der Hand hält und die Teilnehmer mit Essen und Getränken versorgte, fand nur einen Wermutstropfen im Freudenbecher. „Ich hatte auf 18 Teilnehmer-Doppel gehofft“, gestand sie: Es gingen aber nur 14 an den Start, weil vier aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen mussten. Maximal können 24 Doppel teilnehmen, denn mehr Platten kann der TuS Kriftel nicht stellen. Immerhin fühlte sich die emsige Organisatorin dadurch „besonders geehrt, dass das Siegerteam der Erstauflage erneut antrat, zumal Jonas Rosner mit einer Elo-Rating von knapp 2500 amtierender deutscher Meister ist. Er ließ es sich mit Partner Hartmut Metz nicht nehmen, trotz drückender Hitze und zweistündiger Anfahrt um die Titelverteidigung zu kämpfen.“
Der deutsche Einzelmeister im Schach wird sicher seine Hauptsportart nicht wechseln, doch „Rossi“ Rosner schlug mit Blick auf die beliebte Kombination lachend vor: „Es sollte ab sofort bei jedem Schachturnier auch ein paar Tischtennisplatten geben!“