25-facher Nationalspieler Helmut Reefschläger stirbt mit 71 Jahren
Das letzte Bild von einem Zweitliga-Einsatz 2015: Helmut Reefschläger

Hartmut Metz hat in seiner aktuellen Schachspalte den ehemaligen Kuppen- heimer Oberliga-Spieler Dr. Helmut Reefschläger gewürdigt, der am 3. Dezember mit 71 Jahren starb. Der aus- führliche Nachruf mit einer Siegpartie des Verstorbenen gegen Großmeister Uwe Bönsch erscheint in der Januar-Ausgabe des “Schach-Magazin 64”.

Von Hartmut Metz
Traurige Nachricht für alle Schachspieler: Helmut Reefschläger starb am 3. Dezember im Alter von 71 Jahren im Rastatter Krankenhaus. Vier Tage zuvor war der gesundheitlich schon seit Jahren angeschlagene Internationale Meister (IM) mit seinem zweiten Herzinfarkt eingeliefert worden. Diesmal erholte sich „Reefi“ nicht mehr, obwohl er noch gehofft hatte, am 13. Dezember wieder im Zweitliga-Team der OSG Baden-Baden spielen zu können. Über seinen langjährigen Weggefährten Michael Dombrowsky war er Ende der 90er Jahre erst zu den SF Lichtental ins Badische gekommen, spielte einige Jahre für Oberligist Rochade Kuppenheim und wechselte dann zur Bundesliga-Reserve des deutschen Meisters. Dort fungierte der 25-fache Nationalspieler als Kapitän. Nur wenige konnten so unterhaltsam und selbstironisch sein wie der promovierte Mathematiker.
„Er war redselig und sprachgewandt“, erinnert sich der Baden-Badener Großmeister Philipp Schlosser. Der sanftmütige wie geduldige Reefschläger wusste stets heitere Geschichten zu erzählen. Sein erstes Turnier spielte er erst mit 16 in Detmold.

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Helmut Reefschläger bei den Chess Classic Mainz mit dem Weltklasse-Großmeister Wladimir Malachow

Der Mathematiker war ein „klarer Denker, der Dinge generalstabsmäßig vorbereitete“, ordnet Dombrowsky ein, „er las die 400 bis 800 Seiten Gebrauchsanleitungen meiner Autos stets vor der ersten Fahrt. Auch auf dem Schachbrett liebte er deutliche Strukturen, die eindeutige Lösungen erlaubten. Es gab jedoch die Seite des Künstlers, des Zockers und des Genussmenschen, der sich plötzlich jenseits aller Vernunft bewegte. Aber in jedem Bereich verriet er eine außerordentliche Begabung.“ So gewann der Sohn einer Klavierlehrerin mit 19 den ersten Kompositionswettbewerb in Nordrhein-Westfalen. „Im Alter spielte er drei bis vier Stunden täglich Klavier“, weiß sein Freund Dombrowsky von der zweiten großen Passion des Lebemanns zu berichten.
Der mehrfache Niedersachsen-Meister und Hamburger Champion trumpfte in den ersten beiden Jahren der einteiligen Bundesliga (ab 1980) besonders auf und holte an Spitzenbrettern ein exzellentes Ergebnis mit 23,5:6,5 Punkten. Ende der 80er bis Mitte der 90er Jahre arbeitete der Mathematiker beim Axel-Springer-Verlag journalistisch für die „Sport-Bild“ und die „Hörzu“. Eine Weile ging das gut – „aber den Tag ließ ich mir nicht gerne einteilen. Ich lasse mich nicht so gerne verwalten“, begründete Reefschläger die Aufgabe des geregelten Berufslebens und heuerte als Sportkompanie-Trainer und Betreuer der Blinden-Nationalmannschaft an. Eine sehr schöne Partie gelang „Reefi“ 2008 in Bad Wiessee gegen den Italiener Corrado Astengo.

W: Reefschläger S: Astengo
1.d4 d5 2.c4 c6 3.cxd5 cxd5 4.Sf3 Sf6 5.Sc3 Sc6 6.Lf4 a6 7.Tc1 Lf5 8.e3 e6 9.Db3
Das weiße System ist harmlos, erfordert aber von Schwarz genaue Kenntnis der richtigen Züge. Sa5? So nicht! Sh5 10.Dxb7 Sa5 11.Dc7 Sxf4 12.Dxf4 Le7 oder 9…Ld6 10.Lxd6 (10.Dxb7 verliert die Dame, ist aber noch spielbar: Sa5 Die Dame hat kein Feld mehr. 11.Dxa8 Dxa8 12.Lxd6 Sc4 13.Lxc4 dxc4 14.0–0 Se4 15.La3 mit Ausgleich). 9…Ta7 dürfte daher am sichersten sein. 10.Da4+ Sc6 11.Se5 Db6 12.Le2? 12.Lb5! Tc8 13.Lxc6+ bxc6 14.0–0 Le7 15.Se2 Db5 16.Dxb5 axb5 17.Sg3 Lg6 18.Txc6± und ein Bauer ist weg. Le7 13.g4 Sxg4!? Lg6 ist richtig. 14.Sxc6 bxc6 15.Sd1 Lb4+ 16.Kf1 Kd7 17.Sc3 Se4 18.Sxe4 Lxe4 19.f3 Lg6 20.a3 Le7 21.Kf2 und Weiß steht nur etwas besser.
14.Sxg4 14.Lxg4! verspricht mehr. Lxg4 15.Sxg4 h5 16.Se5 g5 17.Sxc6 bxc6 18.Le5 f6 19.Sxd5 exd5 20.Lxf6 Lxf6 21.Txc6 Db5 22.Dxb5 axb5 23.Txf6 Txa2 24.0–0 Tf8 25.Txf8+ Kxf8 26.Tc1 Txb2 27.Tc5 Kf7 28.Txd5 Kf6 29.h4 gxh4 30.Txh5 b4 31.Txh4 b3 32.Kg2 Tb1 33.Th5 b2 34.Tb5 und Weiß gewinnt das Turmendspiel. h5? Diese Zugreihenfolge wird von Reefschläger gekonnt widerlegt. Dxb2! gefällt taktisch. 15.0–0 (15.e4!? ist eine interessante Alternative. Lxe4 16.Sxe4 dxe4 17.Se5 Db4+ 18.Dxb4 Lxb4+ 19.Kf1 Sxd4 20.Tc4 Sxe2 21.Kxe2 a5 22.Txe4 und die Figur ist sicher stärker als die drei Bauern) 0–0 16.Db3 (Nur nicht das naheliegende 16.Se5? Sxe5 17.Lxe5 Tac8 18.Db3 La3 19.Dxb2 Lxb2 20.Ld6 Lxc3 21.Lxf8 Kxf8 22.a4 mit Ausgleich) Dxb3 17.axb3 Sa5 18.Sa4 h5 19.Se5 g5 20.Sb6 gxf4 21.Sxa8 Txa8 22.Tc7 Ld6 23.Td7 Lxe5 24.dxe5 Kh8! 25.Lxh5 Tg8+ 26.Kh1 fxe3 27.fxe3 Tg5 28.Lf3 Lg6 mit völlig ausgeglichener Stellung. 15.Se5 g5 16.e4! Die Pointe. Durch den Gegenangriff rettet sich der Läufer. gxf4 17.exf5 Dxb2 18.0–0 Tc8 19.Tc2?! 19.Kh1 stellt Schwarz vor die größten Probleme. Db4 20.Tb1 Dxd4 21.Sxc6 Tg8+? Dxa4! hält Schwarz im Spiel. 22.Sxa4 Txc6 23.Txc6 bxc6 24.Tb8+ Ld8 25.Lxa6 Tg8+ 26.Kf1 f3 27.Sc5 Ke7 28.Sd3 Tg5 29.fxe6 fxe6 30.Tc8 Tg2 31.Se1 Txh2 32.Sxf3 Th1+ 33.Ke2. 22.Kf1 Dg7? Dxa4 verteidigt sich zäher. 23.Sxa4 Txc6 24.Txc6 bxc6 25.Tb8+ Ld8 26.fxe6 fxe6 27.Tb7 Le7 28.Tc7 h4 29.Txc6 Kf7 30.Txa6 mit Gewinnstellung. 23.Se5+ b5 Tc6 ändert nicht viel. 24.Lxh5 Dg2+ 25.Ke2.

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24.Lxb5+! axb5 25.Dxb5+ Kf8 26.Sd7+ Ke8 27.Sf6+ Kf8

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28.De8+! Der krönende Abschluss. Txe8 29.Sd7 matt.

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