Einziger Rochade-Lichtblick: Timothée Heinz

OSG Baden-Baden entthront Titelverteidiger durch 3:1 im badischen Pokal-Finale / Kuppenheim und Ladenburg wenigstens im deutschen Cup dabei
Von Hartmut Metz
Die OSG Baden-Baden hat die Rochade Kuppenheim erstmals in einem wichtigen Pokal-Match geschlagen. „Mit Großmeistern im Team haben wir immer verloren – jetzt klappte es mit reinen Amateuren“, freuten sich Bernhard Lutz und Christian Bossert über den 3:1-Sieg im badischen Pokal-Finale in Kirchzarten und die Revanche für die Vorjahresniederlage in derselben Höhe. Der Oberligist aus der Knöpflestadt war ausnahmsweise gegen ein Quartett des nominell weit überlegenen deutschen Meisters favorisiert – und verpasste durch dämliche Fehler die Titelverteidigung. Einziger schwacher Trost: Kuppenheim ist wie der SK Ladenburg, der sich gegen Gastgeber Dreisamtal durch ein 2:2 und einem Sieg am Spitzenbrett von Vadim Chernov über Max Scherer den dritten Platz der Endrunde sicherte, für den deutschen Pokal qualifiziert. Während Baden-Baden bereits im Halbfinale eine überzeugende Leistung bot und dank Lutz, Julia Bochis und Thomas Bittner sowie einem Remis von Andreas Heimann gegen Branko Filipovic Dreisamtal mit 3,5:0,5 schlug, mühte sich die Rochade zu einem 2,5:1,5 über Ladenburg. Nach fünf Stunden war noch immer keine Partie entschieden! Gut sah es dabei nur am dritten Brett bei Hartmut Metz aus. Timothée Heinz stand gegen Vadim Chernov am Spitzenbrett unter Druck. Hubert Schuh wickelte dann immerhin gegen Martin Schrepp in ein ausgeglichenes Turmendspiel ab. Dafür hatte Velimir Kresovic seine Gewinnstellung gegen Tim Stemmler vergeigt. Nach dem Gewinn zweier Figuren für Turm und Bauer setzte der Kuppenheimer unpräzise fort. Am Schluss musste er froh sein, ein Endspiel mit zwei Figuren und zwei Bauern gegen die Dame zu erreichen. Die Stellung schien eine Festung zu sein, weshalb der bravourös spielende Ladenburger mit einer DWZ von 1784 in erneut aufkommender Zeitnot ein Remis anbot. Kresovic akzeptierte, weil Heinz mittlerweile auch den Remishafen erreicht hatte.
Es dauerte bis zur Maximalspielzeit von fast sechs Stunden, ehe Hartmut Metz mit einem Sieg über Erich Müller den Erfolg garantierte. Mit jeweils noch einem Läufer und drei gegen zwei Bauern übertölpelte der Kuppenheimer an Brett drei noch den Gegner. Zuvor hatte der FM einige leichtere Gewinnfortsetzungen ausgelassen.
Metz mutierte im Finale vom strahlenden Helden zum Trottel. „Mit zwei Idioten kann man nicht gewinnen“, kommentierte Jean-Luc Roos harsch einen einmaligen Vorgang, nachdem Heinz mit einem souveränen Sieg über Bossert die Rochade am Spitzenbrett in Führung gebracht hatte. Mit Schwarz diktierte der Franzose bald das Geschehen. Einen vermeintlichen Qualitätsgewinn des Kurstädters konterte Heinz trocken aus, der Ersatzmann für den wegen einer anstehenden Klausur fehlenden IM Andreas Heimann gab auf. Zuerst überschritt Roos an Brett zwei selbst die Bedenkzeit von zwei Stunden für 40 Züge, weil er glaubte, wie in der Oberliga pro Zug 30 Sekunden Zeitgutschrift zu erhalten – dabei wusste der Franzose, dass es im Pokal keinen Bonus gibt! „Ich wollte noch den 40. Zug umkringeln, damit ich daran denke“, erzählte Roos später – vergaß aber wieder in der Hitze des Gefechts im viel zu stickigen Turniersaal des Kirchzartener Kurhauses, dass er keinen Bonus mehr erhielt. Bis auf zwei Sekunden ließ der IM, der für den wegen einer Feier passenden Hubert Schuh nachreiste, die Uhr ablaufen. Im 37. Zug reichte das natürlich nicht mehr … „Ich hätte die vier Züge im etwas besser stehenden Turmendspiel noch locker mit den 50 Sekunden ausführen können“, jammerte Roos hernach über die verschenkten Sekunden im 37. Zug. So entkam der zuvor dominierende Lutz nicht nur ins Remis, sondern gewann durch Zeitüberschreitung! Weil außerdem Velimir Kresovic an Brett drei seine gute Stellung gegen Bochis einmal mehr übereilt überzog (ein Remis hätte ja gereicht zum Pokalsieg angesichts der weiteren Partien), musste Metz unbedingt gewinnen.
Doch ausgerechnet dem achtfachen badischen Einzel- bzw. Mannschafts-Pokalsieger passierte mit Blick auf den neunten Triumph ein Fauxpas. In permanent schlechterer Stellung schaffte Kontrahent Bittner mit nur noch zwei Sekunden auf der Uhr die Zeitkontrolle. Metz blieben von seiner einst fast ganzen Stunde mehr nur noch 13 Sekunden! Spontan wollte er einen angegriffenen Bauern von a6 nach a5 vorziehen, was gewonnen hätte. Doch plötzlich verfiel er in tiefes (!) Nachdenken, weil er den 40. Zug des Baden-Badeners notiert hatte. Mit den schwarzen Steinen musste der Kuppenheimer diesen allerdings auch noch machen, was er verdrängte … Nachdem Metz bereits zwei Minuten lang die Bedenkzeit überschritten hatte, reklamierte ein Außenstehender die erste unwillentliche Zeitüberschreitung des Rochade-Spielers in mehr als 1600 Turnierpartien! So verlor Metz seine allerdings nicht so leicht umzusetzende Gewinnstellung mit zwei Türmen gegen Turm, Springer und gedecktem Freibauer auf d6. Der vierte Schwarz-Sieg an diesem Tag hätte ein 2:2 beschert. Danach hätte es wegen der Kuppenheimer Siege an Brett eins und vier (4 und 1 Punkt) und den Niederlagen an Brett zwei und drei (3 und 2 Punkte) eine Verlängerung mit Fünf-Minuten-Blitzduellen gegeben. So verdiente sich Baden-Baden dank der Kuppenheimer Aussetzer hinter Spitzenspieler Heinz zurecht den Pokal!

Fin 2 SGR Kuppenheim 2253   1 OSG Baden-Baden 2186 1 3 2.34
1 1 Heinz,Timothee 2334   53 Bossert,Christian 2161 1 0 0.73
2 2 Roos,Jean-Luc 2244   43 Lutz,Bernhard 2307 0 1 0.41
3 5 Kresovic,Velimir 2159   52 Bochis,Julia 2188 0 1 0.46
4 4 Metz,Hartmut 2273   62 Bittner,Thomas 2087 0 1 0.74

½Fin   SK Ladenburg 2124     SGR Kuppenheim 2276 1.3
1 1 Chernov,Vadim 2432   1 Heinz,Timothée 2334 ½ ½ 0.64
2 3 Schrepp,Martin,Dr. 2220   3 Schuh,Hubert 2336 ½ ½ 0.34
3 7 Müller,Erich 2061   4 Metz,Hartmut 2273 0 1 0.23
4 28 Stemmler,Tim 1784   5 Kresovic,Velimir 2159 ½ ½ 0.09