Mamedjarow – Bacrot: Weiß zieht Dh4 und gewinnt – doch es geht besser!

Schachrijar Mamedjarow stopft Lästermäuler nach WM-Titel
Von Hartmut Metz
Der Vorname lässt zumindest für deutsche Zungen erahnen, welcher Profession Schachrijar Mamedjarow nachgeht. Der Aseri hätte fast am selben Tag wie der noch größere Spieler aus Baku, Garri Kasparow, am 13. April, Geburtstag. Mamedjarow kam jedoch einen Tag früher anno 1985 zur Welt. In dem Jahr eroberte der mittlerweile 50-jährige Kasparow erstmals den WM-Titel.
Während dieser als Einzelkind aufwuchs, ist die ganze Familie von Mamedjarow mit Schach infiziert: Vater und Mutter spielten bereits, weshalb es wenig verwundert, dass seine Schwestern ebenfalls ans Brett gehen. Die zwei Jahre ältere Zeinab errang ebenso den Titel einer Großmeisterin wie die vier Jahre jüngere Turkan! Ihr Bruder ist jedoch das mit Abstand stärkste Familienmitglied. Bis auf Platz fünf der Weltrangliste kletterte der Aseri, nachdem er wie Kasparow mit 18 Jugend-Weltmeister geworden war. Doch der 28-Jährige hat nicht den Biss des „Ungeheuers von Baku“ und schwankte hernach mit seinen Leistungen. Immerhin eroberte Mamedjarow nun den WM-Titel im Schnellschach. Im westsibirischen Chanty-Mansijsk gab es 15 Minuten Grundbedenkzeit plus zehn Sekunden pro ausgeführten Zug. Zunächst war Jan Njepomnjaschtschi allen mit neun Punkten aus zehn Runden enteilt. Doch der Russe büßte mit 2:3 Zählern seinen ganzen Vorsprung ein, weil Mamedjarow mit 5:0 Punkten auf der Zielgeraden an ihm vorbeizog. Mit 11,5 Zählern nach den 15 Runden lag der Aseri einen halben Punkt vor „Njepo“. Bronze sicherte sich der russische Topfavorit Alexander Grischuk (10,5) vor Le Quang Liem (10). Der Vietnamese entschädigte sich für den undankbaren vierten Platz direkt danach und gewann die Blitz-WM knapp vor Grischuk.
Nach Mamedjarows Erfolg unkte manches Lästermaul, es sei ja keiner aus der absoluten Spitze angetreten – der Weltranglistenzwölfte zeigte jedoch postwendend beim Schnellschach-Event in Genf, dass er kaum einen Gegner fürchten muss. Im Finale schlug er in der Schweiz Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik. Zuvor hatte er gegen den Franzosen Etienne Bacrot sehenswert kurzen Prozess gemacht.

W: Mamedjarow S: Bacrot
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 d5 4.Lg5 Le7 5.Sf3 h6 6.Lxf6 Lxf6 7.Dc2 0–0 8.0–0–0 dxc4 9.e4 Sc6 10.e5 Lg5+ Den Zug hat Bacrot sicher gut analysiert. In Betracht kommt der Läuferrückzug nach e7 genauso wie erst der Springerausfall nach b4: Sb4 11.De4 (11.Da4? ist schlecht wegen Le7 12.Lxc4 c6 13.Db3 b5 14.Le2 a5 und Schwarz rollt flugs auf die weiße Königsstellung zu, während die Figuren und Bauern des Anziehenden ohne Angriffschancen weit hinten verharren) Lg5+ führt durch Zugumstellung zur Partie. 11.Kb1 Sb4 12.De4 Ld7 Tb8 13.Lxc4 b5 14.Lxb5 Lb7 15.De2 Sd5 16.Sxd5 Lxd5 17.Lc4 Tb4 18.Lxd5 Dxd5 19.Sxg5 hxg5 gefällt Computern. Sie halten die Stellung für völlig ausgeglichen. Weiß kann den Bauern auf d4 nicht verteidigen und hat außerdem die Initiative auf der b-Linie. 20.Df3 Tfb8 21.Td2 Db5 22.Dc3 Tc4 23.Dd3 Dd5 24.Df3 Db5=. 12…Sd5 scheint wohl gut genug, aber sieht weniger aktiv als die erste Fortsetzung aus: 13.Sxg5 Sxc3+ 14.bxc3 Dxg5 15.Lxc4. 13.Lxc4 Lc6 Etwas besser ist c6 14.a3 Sd5 15.Ld3 f5 16.exf6 Sxf6 17.De2 Sd5 18.Se4 Sf4 19.Dc2 Sxd3 20.Sexg5 hxg5 21.Dxd3 Df6 22.Se5 Le8 23.f3±, allerdings befriedigen kann das Schwarz auch nicht. 14.d5! exd5 15.Sxd5 Sxd5 16.Lxd5 Lxd5 17.Txd5 Dc8?! De8 18.Sxg5 hxg5 19.h4 g4 Schwarz muss um jeden Preis die g-Linie geschlossen halten, um nicht in einen verheerenden Angriff zu laufen. 20.Thd1 (20.Dxg4 c6 21.Td7 Dxe5 22.Thd1 a5 23.Txb7 Tad8 garantiert genügend Gegenspiel) De6 21.Td7 Tfe8 22.Txc7 Dxe5 23.Dxe5 Txe5 24.Txb7 Te2 25.Td4 Txf2 26.Txg4 a5± und Mamedjarow kann dank des Mehrbauern auf Gewinn spielen. 18.h4! c6?? Übersieht einen Zwischenzug des Gegners. 19.Sxg5! 19.hxg5 scheitert hingegen: cxd5 20.Dh4 Df5+ 21.Ka1 Tfc8 22.gxh6 Tc4 23.Dg3 g6 und Schwarz gewinnt nach dem ausgebremsten Angriff des Anziehenden und dem Qualitätsgewinn die Oberhand. hxg5 g6 deckt das Matt auf h7, hält jedoch genauso wenig die Stellung zusammen: 20.Td6 hxg5 21.Txg6+! fxg6 22.Dxg6+ Kh8 23.hxg5+ Dh3 24.Txh3 matt. 20.hxg5 f5 g6 21.Dh4 Df5+ 22.Ka1 endet mit einem Matt auf h8. 21.Dh4 Das reicht leicht. 21.exf6! cxd5 22.Dxd5+ Tf7 23.g6 De8 ist allerdings noch eindeutiger: 24.Th8+ Kxh8 25.Dh5+ Kg8 26.Dh7+ Kf8 27.Dh8 matt. De6

 

22.Td7!! Bacrot wollte sich Dxd7 23.g6 Dd3+ 24.Ka1 Tfd8 25.Dh8 matt nicht mehr zeigen lassen und gab auf. 1:0.

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