„Es ist auch mal gut, dass das Finale für mich die leichteste Partie war“, stellt Thilo Ehmann lapidar fest. Der Topspieler der Rochade Kuppenheim gewann zum zweiten Mal nach 2022 den deutschen Schach-Einzelpokal. Im hessischen Bad Wildungen überrollte der 25-Jährige im Endspiel Daniel Malek mit den weißen Steinen mit einem fulminanten Angriff. Der wagemutige 14. Zug überraschte seinen Magdeburger Konkurrenten, der mit einer Elo von 2305 an Position vier gesetzt war, unangenehm. Ehmann nahm auf f7 mutig einen Bauer weg, obwohl der Läufer danach in einer Turmfesselung stand. Das hatte der Anziehende aber exakt berechnet und fürchtete nicht um seine Dame, die sich hinter der Fesselung im Visier des Turms auf f8 befand. Danach stand Ehmann auf Gewinn und ließ nicht mehr locker.

Konsequent trieb der Kuppenheimer, der einst mit dem Team der SF Sasbach deutscher Jugendmannschaftsmeister geworden war, den schwarzen König ins offene Feld. Dort setzte ihn der Angriffsspieler mit einem spektakulären Damenopfer auf als Krönung im 27. Zug matt!
Ehmann,Thilo (2349) – Malek,Daniel (2305)
1:0. Nach dem Schlagen mit dem Bauern auf g4 oder Dxg4 setzt hxg4 matt.
Ehmann freute sich über den zweiten Sieg im Dähne-Pokal, der nach dem ehemaligen Präsidenten des Deutschen Schachbundes (DSB) Emil Dähne benannt ist. Schließlich gelangen seit 1953 erst acht Spieler vor ihm zwei Triumphe in dem traditionsreichen Wettbewerb. Einige namhafte deutsche Großmeister haben sich in die Siegerliste eintragen können.

Hagen Poetsch einsamer Rekordhalter
Einsamer Rekordhalter ist Großmeister Hagen Poetsch (SC Heusenstamm), der sich in den Jahren 2013, 2017, 2018, 2023 und 2024 auf fünf Pokal-Erfolge hievte. Mit einer Titelverteidigung 2026 könnte Ehmann zur bisher alleinigen Nummer zwei Sven Telljohann aufschließen. Der Frankfurter gewann den Dähne-Pokal bisher dreimal 1998, 2007 und 2016. Zweifache Sieger sind in den Annalen neben Ehmann außerdem Karl Gilg (1955, 1963), Sigmund Wolk (1958, 1960), Rolf Bernhardt (1967, 1968), Bodo Schmidt (1971, 1975), Uwe Kunsztowicz (1972, 1991) und die badische Schach-Legende Hans-Joachim Vatter (1993, 2008).
Ehmann für deutsche Meisterschaft und Dähne-Pokal 2026 qualifiziert
Mit dem neuerlichen Cup-Gewinn qualifizierte sich Ehmann für die deutsche Einzelmeisterschaft im nächsten Jahr. In der Runde der letzten 32 Teilnehmer aus allen Bundesländern ist der Kuppenheimer auch bereits 2026 sicher dabei. Der Pokalsieger steht heuer wieder im badischen Finale und qualifizierte sich damit vorzeitig für den nächsten Dähne-Pokal. Im Endspiel trifft der mittelbadische Bezirkspokalsieger auf Alexander Schall, der sich im Bezirk Mannheim durchgesetzt hatte. Ehmann ist dabei haushoher Favorit. Im Falle eines weiteren Erfolgs wäre der 25-jährige Titelverteidiger der Rochade sechsfacher badischer Pokalsieger im Einzel und würde mit der Karlsruher Legende Max Eisinger gleichziehen.
Blitzstärke hilfreich beim Einzug ins Finale
Bei seinem Siegeszug in Bad Wildungen konnte sich Ehmann auf seine Stärke im Blitzspiel verlassen. Am Ende der Großveranstaltung in dem hessischen Kurort trugen die Pokal-Qualifizierten ein Blitzturnier mit den Spielern der Deutschen Amateur-Schachmeisterschaft (DASM) aus. Dort bewies der Kuppenheimer mit 7,5:1,5 Punkten seine Klasse einmal mehr und belegte hinter dem punktgleichen Falko Meyer (SK Norderstedt) Rang zwei. Just der Norddeutsche stand ihm im Viertelfinale des Dähne-Pokals gegenüber. Nach zwei Schwarz-Erfolgen zum Auftakt über den Leipziger Olaf Dobierzin und dem Matt gegen den Weimarer Arvid Köplin hatte Ehmann gegen Meyer ein gewonnenes Endspiel mit Läufer gegen Springer auf dem Brett. „Doch ich fand den Durchbruch nicht“, bekennt Ehmann mit Blick auf die verpasste Chance. Doch in der Blitz-Verlängerung reichte es dank eines Sieges mit den schwarzen Steinen und einem Remis mit Weiß fürs Halbfinale.
Malek gewinnt äußerst zähes Springer-Endspiel mit knapper Not
Endspiel-Gegner Malek bekam es in der Runde der letzten acht verbliebenen Akteure mit dem topgesetzten John Heinrich (SV Lengefeld/2359 Elo) zu tun. In einem zähen Springer-Endspiel mit Mehrbauer auf dem Königsflügel quälte Malek Schwarz 58 Züge lang, ehe er sein Material verwerten konnte. Das seltene Remis durch 50 Züge ohne Schlagfall oder Bauernzug konnte der Magdeburger im letzten Moment verhindern und schaltete so die nominelle Nummer eins vorzeitig aus. Im Halbfinale behielt Malek im Blitz gegen den letztlich drittplatzierten Bebenhausener Martin Hartmann die Oberhand.
Ehmann stand derweil mit Schwarz „leicht besser, aber ich sah im Blitz die besseren Chancen“, beschrieb der neue Pokalsieger seine Taktik gegen Tymur Musiienko. Diese ging auf: Das Talent des Wiesbadener SV 1885 warf Ehmann im Blitz mit 2:0 aus dem Rennen. Danach wurde es im Finale am leichtesten für den Kuppenheimer …
Nachstehend die vier Partien ab dem Achtelfinale, die von Ehmann live übertragen wurden bei Chessbase und Lichess. Drei der vier Duelle wird der Kuppenheimer für die September-Ausgabe des Schach-Magazins 64 ausführlich analysieren.