In „Spectre“ finden sich wieder Liebesgrüße ans königliche Spiel
Spasski – Bronstein: Weiß gewinnt – nicht unspectrekulär

Von Hartmut Metz
Szenen im Bett mit einer Grazie schätzt James Bond wohl mehr als mit zwei Damen auf dem Brett – zumindest nehmen diese in den Filmen von 007 deutlich mehr Raum ein. Das kann jeder Schachspieler wegen der attraktiven Gespielinnen von Sophie Marceau über Halle Berry bis Monica Bellucci und Léa Seydoux durchaus nachvollziehen. Dennoch freut es die Fans des königlichen Spiels besonders, wenn James Bond statt „Dr. No“ ein paar Schachklötzchen jagt. Im neuen Streifen „Spectre“, der am Donnerstag in den deutschen Kinos anlief, räkelt sich Daniel Craig einmal nicht in den weißen Laken, sondern sitzt am Brett von „Mr. White“. Obwohl der 007-Dauer-Bösewicht in Gestalt des dänischen Schauspielers Jesper Christensen Schwarz matt gesetzt hat, hilft dem Verbrecher all die dadurch suggerierte Intelligenz nichts: Ihm wird – traditionell wie in allen Bond – doch das Lebenslichtlein ausgeblasen. Die beliebte, weil äußerst unterhaltsame Webseite www.chessbase.de hat die Matt-Stellung im Film gleich im „Dienste Ihrer Majestät“, dem König Leser, in ihre Datenbank eingegeben und nach Vorläufern untersucht
– im vorliegenden Fall gab es jedoch kein „Man lebt nur zweimal“: Ein berühmtes Partievorbild aus der Schach-Geschichte wurde diesmal nicht gefunden.
„Ein Quantum Trost“ bietet die heutige Schachspalte jedoch: Beim ersten Auftritt des königlichen Spiels in der 007-Reihe anno 1963 in „Liebesgrüße aus Moskau“ nahm Kronsteen an einem Turnier teil. Der finster dreinblickende Schachmeister war gleichzeitig die Nummer fünf der Verbrecherorganisation „Spectre“ (in der deutschen Version „Phantom“) und setzte gleich zu Beginn des zweiten Bond-Films den kanadischen Großmeister McAdams matt.
Regisseur Terence Young gab sich bei der Vorbereitung offensichtlich einige Mühe: Die Schlusskombination von Kronsteen stammt aus einem berühmten Duell aus der sowjetischen Meisterschaft 1960 in Leningrad: Der spätere Weltmeister Boris Spasski zertrümmerte den kaum minder begnadeten David Bronstein in nur 23 Zügen dank spektakulärer Opfer. Nachstehend einer der schönsten Siege von „Goldfinger“ Spasski.

W: Spasski S: Bronstein
1.e4 e5 2.f4 exf4 3.Sf3 d5 4.exd5 Ld6 5.Sc3 Se7 6.d4 0–0 7.Ld3 Sd7 8.0–0 h6?
Gibt Weiß die etwas besseren Chancen. Am besten ist Sf6 9.Se5 Sfxd5 10.Sc4 (10.Df3 c6; 10.Sxd5 Sxd5 11.Dh5 g6 12.Dh6 Df6) c6 11.Sxd6 (11.Sxd5 Sxd5 12.Sxd6 Dxd6 13.Df3 Df6 14.c3 g5) Dxd6 12.Df3 mit unklarem Spiel. 9.Se4 Sxd5 10.c4! Se3 11.Lxe3 fxe3 12.c5 12.De2 gewährt dem Anziehenden nicht viel: Te8 13.c5 Lf8 14.Dxe3 f5 15.Lc4+ Kh8 16.Seg5!! Txe3 17.Sf7+ Kh7 18.Sxd8 Sf6 19.Tae1 Txe1 20.Txe1 b6 21.b4 a5 22.Se6 Lxe6 23.Txe6 axb4 24.cxb6 cxb6 25.Txb6 mit minimalem Vorteil auf Grund der aktiveren Figuren. Le7 13.Lc2 Te8 14.Dd3 e2!? Sf8 lässt sich auf nichts ein und deckt das neuralgische Feld h7. 15.Sd6!? Ein spektakulärer Zug. 15.Tf2! ist solider. Sf8 16.Se5 Le6 17.Txe2 c6 18.Tf1 f6 19.Sc4 Ld5 20.Lb3 Kh8 21.Scd6 Lxd6 22.Sxd6 Txe2 23.Dxe2 Lxb3 24.axb3 Dd7 25.Te1 und Schwarz steckt in Schwierigkeiten, auch wenn die Stellung noch Verteidigungschancen bietet. Sf8? Lxd6!? 16.Dh7+ Kf8 17.cxd6 exf1D+ 18.Txf1 cxd6 19.Dh8+ Ke7 20.Te1+ Se5 21.Dxg7 Tg8! 22.Dxh6 Db6! 23.Kh1 Le6 24.dxe5 Df2 25.exd6+ Kxd6 26.Td1+ Ke7 27.Td2 Df1+ 28.Sg1 Df6 29.De3 Kf8 mit ausgeglichener Position.

16.Sxf7!! Der Auftakt einer grandiosen Kombination. exf1D+ 17.Txf1 Lf5 Kxf7 erlaubt ein prächtiges Matt: 18.Se5+ Kg8 Diagramm

(Ke6 19.Lb3+ Dd5 20.Dh3 matt) 19.Dh7+!! Sxh7 20.Lb3+ Kh8 21.Sg6 matt. Bei 17…Dd5 18.Lb3 (18.S3e5? Lxc5! 19.Sxh6+ gxh6 20.Lb3 Txe5! 21.dxc5 Le6 22.Lxd5 Lxd5 23.h4 Kh8 24.Dd4 Sd7 25.Dd2 Kg7 26.Dd4 Kh7 27.Dd3+ Kg7 28.Dd4 mit Remisschluss) leistet Dh5 erbitterten Widerstand. (Dxf7? verliert: 19.Lxf7+ Kxf7 20.Dc4+ Kg6 21.Dg8! Lf6 – oder Le6 22.Se5+ Kh5 23.Dxg7+– Lg5 24.Txf8 Txf8 25.Dg6+ Kh4 26.g3+ Kh3 27.Dxe6+ Tf5 28.Dxf5 matt – 22.Sh4+ Lxh4 23.Df7+ Kh7 24.Dxe8 Sg6 25.Tf7 c6 26.Tc7 Se7 27.Txe7 Lxe7 28.Dxe7 und Weiß gewinnt leicht) 19.Sxh6+ Kh8 20.Sf7+ Kg8 21.S7g5+ Kh8 22.Lf7 Dg4 23.Lxe8 Lf5 24.Dc3 Txe8 25.Se5 De2 (Dxg5 26.Sf7+ Kg8 27.Sxg5; 25…Lxg5 26.Sxg4 Lxg4 27.Dg3 Le3+ 28.Kh1 Le2 29.Tf5 Sh7 30.Te5 Tf8 31.De1 Tf1+ 32.Dxf1 Lxf1 33.Te8+ Sf8 34.Txf8+ Kh7 35.Txf1) 26.Sgf7+ Kg8 27.Txf5 mit Gewinn. 18.Dxf5 Dd7 19.Df4 Lf6 20.S3e5 De7 Lxe5 reicht nicht. 21.Sxe5 De7 22.De4 g6 23.Txf8+ Txf8 (Dxf8 24.Dxg6+ Dg7 25.Lb3+ Kh8 26.Sf7+ Kg8 27.Sd8+ Kf8 28.Df5+ Ke7 29.Se6 Df6 – oder Tf8 30.Sxg7 Txf5 31.Sxf5+ Kf6 32.Sxh6 – 30.Dh7+ Df7 31.Sg7! Df8 32.Sxe8+ Kxe8 33.La4+ c6 34.Dxb7 Td8 35.Lxc6+ Td7 36.Dxd7 matt) 24.Lb3+ Kh7 25.Dxg6+ Kh8 26.Dxh6+ Dh7 27.Sg6 matt. 21.Lb3 21.Dg4 überzeugt genauso nach Lg5 22.Sxg5 Dxg5 23.Txf8+ Txf8 (Kxf8 24.Df3+ Kg8 – Df6 25.Sd7+ kostet die Dame – 25.Dd5+ Kh8 26.Sf7+ Kg8 27.Sxh6+ Kh8 28.Dg8+ Txg8 29.Sf7 matt) 24.De6+ Kh8 25.Sg6+ Kh7 26.Sxf8+ Kh8 27.Sg6+ Kh7 28.Se5+ g6 29.Df7+ Kh8 30.Sxg6+ Dxg6 31.Dxg6 Tf8 32.Dh7 matt. Lxe5 22.Sxe5+ Kh7 23.De4+ 1:0. Bronstein gab auf. „Der Hauch des Todes“ wabert um seinen König nach wegen g6 (Kh8 24.Txf8+ Dxf8 25.Sg6+ Kh7 26.Sxf8+ Kh8 27.Dh7 matt) 24.Txf8! Txf8 25.Dxg6+ Kh8 26.Dxh6+ Dh7 27.Sg6 matt.

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