Dautov – Dauth: Ein (weißes) Damenopfer liegt in der Luft |
Von Hartmut Metz
Das Karussell hat Fahrt aufgenommen: Die Wechsel von Liviu-Dieter Nisipeanu vom rumänsichen zum Deutschen Schachbund oder von Alexej Schirow zurück aus Spanien nach Lettland sorgten noch für moderates Aufsehen. Die beiden Großmeister gehören zwar zur erweiterten Weltspitze, sind aber mit 38 und 42 Jahren über ihren Zenit hinaus. Weit mehr in die Schlagzeilen gerieten der Filipino Wesley So und der Italiener Fabiano Caruana. Dem Weltranglistensiebten und -dritten (Jahrgänge 1993 und 1992) gehört die Zukunft – und sie machen plötzlich die USA zur Schach-Supermacht. Mit dem 27-jährigen Weltrang- listenvierten Hikaru Nakamura haben die Amerikaner auf einen Schlag drei Asse in den Top Ten! Föderationswechsel sind im Schach einfacher als im Fußball, bei dem sich alle Optionen nach einem Auswahlmatch erledigten. In anderen Sportarten muss man jahrelang warten, bevor ein Wechsel möglich wird. Beim königlichen Spiel überweist man 50 000 Euro an den alten Verband – und der Wechsel ist geritzt. Nach dem Zugang durch Nisipeanu droht dem deutschen Schach nun ein herber Verlust.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) vermeldete diese Woche den Transfer von Arkadij Naiditsch nach Aserbaidschan. In Baku fließen Öl-Millionen für den Denksport, und die deutsche Nummer eins eckt häufiger bei ein paar trägen DSB-Funktionären an. „Alles Quatsch“, dementiert Naiditsch, dass der Wechsel perfekt sei. „Mitte Juni“ will er ausgiebig Stellung nehmen. Ihm seien aber „keine Paläste“ in Aserbaidschan versprochen worden, wie kursiere. Mehr möchte der Sandweierer, der zuletzt Weltmeister Magnus Carlsen zweimal schlagen konnte, nicht sagen.
So oder so: Der OSG Baden-Baden bleibt der 29-Jährige weiterhin erhalten. In der Endrunde des deutschen Pokals, die der Meister locker gewann, setzte sich der Topscorer zweimal durch. Beim 3:1 im Finale über Rotation Pankow gewann neben dem Weltranglisten-32. noch Rustem Dautov. Dem ehemaligen Nationalspieler gelang eine sehr hübsche Miniatur mit Damenopfer.
W: Dautov S: Dauth
1.d4 b5 Unorthdox gespielt – manchmal ein probates Mittel gegen die in der Eröffnungstheorie überlegenen Großmeister. Dass der Schuss aber auch nach hinten losgehen kann, zeigt diese Partie. 2.e4 Lb7 3.Ld3 3.Lxb5 ist mehr im Sinne von Schwarz, der einen Zentrumsbauern für den b-Bauern erhält und dafür gerne etwas Entwicklungsnachteil in Kauf nimmt nach Lxe4 4.Sf3 Sf6 5.Sc3 Lb7. f5?! Dauth setzt das Zentrum des Gegners gleich unter Druck. Allerdings schwächt der forsche Zug den neuralgischen Punkt f7 und die Felder um den König. 4.Sd2 4.exf5 Lxg2 5.Dh5+ g6 6.fxg6 Lg7 7.gxh7+ Kf8 8.hxg8D+ Kxg8 9.Dg4 Lxh1 ist eine bekannte Variante. Schwarz erhält die Qualität, dafür steht jedoch sein Monarch recht luftig ohne Bauernschutz. e6 5.Sgf3 Dautov lässt sich auf nichts ein und entwickelt kühl seine Figuren. fxe4 6.Sxe4 a6?! 7.Se5 7.Sfg5 Le7 8.Dh5+ g6 9.Dh3 ist auch bereits sehr stark, weil Sf6? nun scheitert: 10.Sxf6+ Lxf6 11.Sxh7 De7 12.Sxf6+ Dxf6 13.Lxg6+! Kf8 14.Dg3 Sc6 (Tg8 15.Lh6+ Ke7 16.Lg5 Txg6 17.Lxf6+) 15.Le4 Dxd4 16.Df4+ Kg8 17.c3 Dg7 18.Dxc7 mit Gewinnstellung. Sf6 8.Sg5 8.Df3 überzeugt auch. Ein Beispiel: Ta7 9.Lg5 Lxe4 (Le7? 10.Lxf6 Lxf6 11.Dh5+ g6 12.Sxg6) 10.Lxe4 Le7 11.0–0 0–0 12.Lxf6 Txf6 13.Dh5 g6 14.Sxg6! hxg6 15.Lxg6 Lb4 16.c3 La5 (Ld6 17.Dh7+ Kf8 18.Dh8+ Ke7 19.Dg7+ Tf7 20.Dxf7 matt) 17.Dh7+ Kf8 18.f4 Lb6 19.f5 e5 20.g4 exd4 21.Tae1 dxc3+ 22.Kh1 und das Matt ist nicht mehr abzuwenden. De7 9.Sxh7! Der übliche Kniff, um die weißen Felderschwächen im schwarzen Lager auszunutzen. Dd6?! Txh7 10.Lxh7 Sxh7 11.Dh5+ g6 12.Dxg6+ Kd8 13.Sf7+ Kc8 14.Dxh7 Lxg2 15.Tg1 Ld5 16.Tg8 Kb7 17.c3 Sc6 18.Lg5 De8 19.Se5 und Schwarz fehlen gute Züge. 10.Lg5 Db4+ 11.c3 Dxb2 12.0–0 12.Sxf6+ gxf6 13.Lxf6 Dxc3+ 14.Kf1 gefällt noch mehr. Der Turm hat kein einziges gutes Feld! Das sehenswerteste Ende ergibt sich nach Th6 15.Dh5+!! Txh5 16.Lg6 matt. d6
13.Dh5+!! Der schönste Abschluss. Kd8 Sxh5 erlaubt 14.Lg6 matt. 14.Lxf6+ Kc8 Dauth gönnt Dautov das sehenswerte Ende. 15.De8 matt.
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