Von Markus Ehrlacher
Nachdem mir meine Mutter Ursula Ehrlacher vor rund zwei Jahren eröffnete, dass sie gerne Schach lernen möchte, habe ich ihr geraten, zunächst den Grundkurs der Seniorengruppe in Kuppenheim zu besuchen. Dort hat sie bei Thomas Braun die Grundkenntnisse des königlichen Spiels erlernt und sich hiernach mit einem Nachbarn regelmäßig getroffen, um Schach zu spielen. Seit ca. einem Jahr nutzt sie außerdem ein Tablet, um auf Chess24 gegen den schwächsten Computergegner namens „Anna“ zu spielen und hat vor kurzem den ersten Sieg geschafft. Regelmäßig knobelt sie auch an den einfachen, aber effektiven Aufgaben für Anfänger aus der Zeitschrift „Rochade Kids“.
Es vergeht seither auch keiner meiner wöchentlichen Besuche zum Kaffee, ohne dass ich auf die Wichtigkeit der schnellen Entwicklung und der Königssicherheit hinweise, über die „aktiven Züge“ und die „Blumenfeld-Regel“ predige und an Eröffnungszüge erinnere, die meine Mutter zwischenzeitlich wieder vergessen hatte … Da alles Üben aber eigentlich nur Sinn macht, wenn man es in der Praxis auch einmal ausprobiert, habe ich meiner Mutter angeboten, mich zum Turnier in Böblingen zwischen dem 26. und 30. Dezember 2018 zu begleiten.
Im C-Turnier unter 1500 DWZ war meine Mutter unter 44 Teilnehmern eine von vier Spielern ohne DWZ. Naturgemäß fehlt es trotz des stolzen Alters von 70 Jahren als Anfänger an der Erfahrung. Deshalb wird vor allem viel zu schnell gespielt. Wenn ich nach meiner Eröffnungsphase nach 10-15 Zügen nach einer halben Stunde den ersten Toilettengang unternahm, saß meine Mutter meistens bereits nach beendeter Partie bei einem Cappuccino im Café an der Theke … Umso erstaunlicher, dass sie nach drei Niederlagen zu Beginn in der vierten Runde ihren ersten Sieg gegen ein Mädchen mit DWZ 720 einfahren konnte und zu diesem Zeitpunkt mehr Punkte hatte als ich im A-Open … In den weiteren Runden erreichte sie noch zwei achtbare Remis und dazu einen kampflosen Punkt, so dass meine Mutter mit drei Punkten aus neun Runden auf Platz 37 kam und immerhin 7 Spieler hinter sich ließ. Da sie auch genügend Gegner mit einer DWZ hatte, dürfte sie nun ihre erste DWZ in Höhe von (inoffiziell) 848 Punkten bekommen.
Für mich endete ein schlecht begonnenes Turnier mit einem schönen Sieg gegen einen FM mit DWZ 2236 in der Schlussrunde und einem inoffiziellen Zugewinn von 16 DWZ-Punkten auf nunmehr 1876 auch noch erfolgreich. Bei 147 Teilnehmern im A-Open war ich auf Platz 134 gesetzt und kam mit 4/9 schließlich auf Platz 100.
Das 35. Böblinger Open gewann der Turnierfavorit Großmeister Ma Qun (Elo 2620) aus China mit 7,5 Punkten (6 Siege, 3 Remis). Alle weiteren Informationen (Ergebnisse, Bilder, Partien usw.) gibt es unter www.boeblinger-open.de. Ein durchaus zu empfehlendes Turnier, braucht man doch zwischen den Jahren kaum Urlaubstage, wohnt im Hotel, welches gleichzeitig als Spielort fungiert, und die Bewirtung durch den gastgebenden Verein ist vorzüglich zu günstigen Preisen. Vielleicht sind neben meiner Mutter beim nächsten Turnier in Böblingen noch weitere Spieler aus Kuppenheim am Start …