„Eines Nachts im März 1979 hielten Heribert Urban und Klaus Harsch plötzlich meine Schachuhr an und wollten mit mir einen Verein gründen! Ich wehrte mich lange gegen so viel Unvernunft – kam aber gegen zwei Besessene nicht an“, erinnert sich Reinhard Kühl an den wichtigsten Moment der Schachabende mit seinen Freunden.
Wenige Tage später, am 28. März, gründete das Trio zusammen mit 17 weiteren Enthusiasten die Schachgemeinschaft Rochade Kuppenheim 1979 e.V. – die Vereinsinitialen RK erinnern sicher nicht nur zufällig an die treibende Kraft: Reinhard Kühl übernahm den Vorsitz, Urban wurde Stellvertreter und Harsch Justiziar. Der erste Schriftführer, Josef Hartmann, ist wie neun andere Gründungsmitglieder nach 40 Jahren noch immer bei der Rochade, darunter der heute 89-jährige Altmeister Hermann Hettich, der aktuelle Präsident Michael Waschek und Dauerkassierer Ralf Ehret. Nicht zu vergessen der damalige Youngster Alexander Hatz, der maßgeblich zum rasanten Aufstieg der Rochade beitrug und später Präsident wurde. Binnen zweier Monate wuchs die Zahl der Spieler auf 42. Den Nährboden für die Erfolgsgeschichte hatte Kühl an der Realschule Kuppenheim gelegt. Dort hatte er als Junglehrer 1976 eine Schach-AG ins Leben gerufen. Um den Talenten auch Spielmöglichkeiten nach der Schule zu ermöglichen, war der logische Schluss die Vereinsgründung.
Schon in kurzer Zeit entwickelte sich das „Baby“ von Kühl und des unermüdlichen Antreibers Urban, der auch als Rektor die Schach-AG leitete, zu einer Topadresse in Baden. Durch diese AG kamen zum Beispiel auch die Gantner-Brüder, Ralf und Uwe, zum Schach. Der zwei Jahre ältere Ralf engagiert sich bis heute als Nachwuchstrainer und ist eine der Stützen der Landesliga-Mannschaft. Uwe Gantner war auch schon in vielen Funktionen für den Verein tätig und ist immer noch Kassenprüfer. Wie viele Titel die Rochade einheimste, weiß inzwischen keiner mehr im Verein. Anfangs zählten die jungen Burschen noch jede Meisterschaft – heutzutage dürften es zwischen 150 und 200 sein. Hartmut Metz holte allein oder mit den Kuppenheimer Teams fast 100 Titel auf Bezirks-, badischer, deutscher und gar internationaler Ebene. Mitte der 80er Jahre waren die Kuppenheimer Schachspieler bereits in aller Munde: „Das Wunder an der Murg“ machte die Runde in den Medien. Über 1000 Tage blieb der Klub ungeschlagen. Der vierfache badische Mannschaftspokal-Sieger spielt seitdem immer in den höchsten badischen Klassen, der Ober- oder der Verbandsliga. Koryphäen wie der ehemalige Bundesligaspieler Hubert Schuh, der Internationale Meister Jean-Luc Roos, Günther Tammert, Velimir Kresovic, Jochen Klumpp, Jochim Kick und Markus Merklinger garantieren dies seit Jahrzehnten.
Mit rund 120 Schachspielern hat der Amateurverein mehr Mitglieder denn je. Thomas Braun hat nicht nur wieder eine erfolgreiche Nachwuchs-Abteilung aufgebaut, die auf badische Ebene auftrumpft. Der Jugendleiter versteht sich auch als Seniorenwart. Mittwochs trifft sich eine agile Gruppe, um „Jogging fürs Gehirn“ zu machen. Aus Brauns beiden Sparten spielen auch mehrere Aktive mit, die sich am 6. April ab 13 Uhr im Kuppenheimer Rathaus bei einem Simultan an 25 Brettern mit Großmeister Dr. Helmut Pfleger messen. Der ehemalige Nationalspieler wurde als Buchautor und seine Schach-Fernsehsendungen berühmt. In seiner Schachspalte im Magazin der „Zeit“ berichtete Pfleger mehrfach über die Rochade. Früher war vor allem das Kuppenheimer Zwölf-Stunden-Blitzturnier stets eine Schlagzeile weit. Spieler aus zahlreichen Nationen pilgerten zu dem legendären Wettbewerb. Nach dem Simultan ist Pfleger auch Ehrengast beim Festbankett der Rochade und hält in der Förcher „Krone“ einen amüsanten Vortrag.
Als besonders wichtig für die positive Entwicklung der Rochade Kuppenheim halten die alten Macher und Ehrenpräsidenten Kühl und Urban die Homepage des Vereins. Sie ging aus der beliebten Vereinszeitung „Rochade Express“ hervor. Die www.rochadekuppenheim.de war mit bis zu 5000 Besuchern pro Tag die erfolgreichste deutsche Vereinswebseite, die nicht kommerziellen Zwecken dient. „Die super Homepage wirbt rund um den Globus für die Rochade“, sagte Urban angesichts vieler Rückmeldungen aus aller Welt schon zum 25-jährigen Jubiläum. Webmaster Robert Miklos hatte dieses Schach-„Paradies“, wie es ein Spieler einmal angesichts des breiten Angebots nannte, aufgebaut. Auf ihn folgten Reinald Kloska und Michael Lorenz. In den vergangenen sieben Jahren entwickelte Gerhard Gorges die populäre Webseite optisch weiter.