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Chess960-Startaufstellung mit der Nummer 342

Chess960-„Papst“ Schmitt mit seinem Team deutscher Meister
Von Hartmut Metz
Die rasante Entwicklung ist etwas ins Stocken geraten, seit es das weltweit größte Schnellschach-Festival in Mainz nicht mehr gibt. Bei diesem hatte Hans-Walter Schmitt die Weltklasse mit hohen Preisgeldern verführt, Chess960 zu spielen. Diese Abart des Denksports unterscheidet sich vom herkömmlichen Schach nur durch die unterschied- lichen Startaufstellungen der acht Figuren hinter den acht Bauern. Diese wird unter 960 Möglichkeiten ausgelost. Die Idee dahinter, die US-Legende Bobby Fischer als Erster promotete: Die ausufernde Schach-Eröffnungstheorie sollte umgangen werden. Vom ersten Zug an muss sich der Spieler selbst eine Strategie ausdenken, anstatt vorbereitete Eröffnungsvarianten herunterzuspulen – das kann er beim Chess960 nur noch, wenn die Position 518 aufs Brett kommt. Das ist die herkömmliche Startaufstellung. Vor allem Amateuren gefällt die Idee, bedarf es doch keines „Herrschaftswissens“.
Dass die starken Spieler aber trotzdem auch im Chess960 dominieren, zeigte sich bei der deutschen Meisterschaft, die der SC Waldbronn alljährlich ausrichtet: Großmeister Klaus Bischoff beherrschte das Feld. Der deutsche Einzelmeister aus Frankfurt gab in sieben Runden nur ein Remis ab. Die nominelle Nummer zwei, Igor Zuyev (Heusenstamm/6), sicherte sich auch Silber vor Oliver Günthner (Leonberg/5,5). Der Baden-Badener Illya Mutschnik, der Autor dieser Zeilen und Oswald Gschnitzer (Walldorf) folgten punktgleich auf den Plätzen.
Den Team-Titel verteidigten mit 18,5:9,5 Punkten die Chess Tigers aus Bad Soden. Für die kamen neben Bischoff und Metz zudem Hans-Dieter Post sowie Chess- 960-„Papst“ Schmitt in die Wertung. Die Plätze belegten die SF Neureut (17,5) und die OSG Baden-Baden (16,5).
Bischoff machte nicht nur mit Verfolger Zuyev kurzen Prozess. Auch der drittplatzierte Günthner hatte ihm wenig entgegenzusetzen in der direkt vor der Runde ausgelosten Startaufstellung mit der Nummer 342.

Zum Nachspielen der pgn-Datei muss eine Chess960-Engine aktiviert sein wegen der Rochade. Houdini 4 hat zum Beispiel die Rybka-Chess960-Engine, die man zuschalten kann.

W: Bischoff S: Günthner

1.e4 e5 2.Sg3 Sg6 3.Sb3 Sb6 4.d4 exd4 5.Sxd4 d5 6.Da5!? Ein interessanter Zug, der für rasche Entwicklung sorgt. dxe4 7.Lg5+ 7.Dxa7 verbietet sich wegen Ta8 mit Damenfang. f6 8.0–0–0 Nur ein scheinbar komplizierter Zug. Die Rochadestellung ist im Chess960 nach der Ausführung immer wie im normalen Schach: Der König steht bei der großen Rochade auf c1 und der Turm auf d1 daneben, und bei der kleinen Rochade befindet sich der Turm auf f1 und der König auf g1. Es wirkt nur ungewöhnlich für den Betrachter, wenn zum Beispiel ein König von b1 aus über alle freien Felder nach g1 hüpft (und womöglich der zweite Turm neben dem von a1 von c1 aus nach f1). Ld7 fxg5?? ließe das hübsche Doppelschach-Matt durch 9.Sc6 zu. 9.Le3 Ld6?! De5 10.Dxe5 Sxe5 11.Se6+ Kc8 12.Sxf8 Txf8 13.Sxe4 Te8 14.Sc3± gibt Weiß die besseren Möglichkeiten mit dem Läuferpaar und der harmonischeren Figurenstellung. 9…a6!? ist interessant. Schwarz darf nun nur nicht auf 10.Lxa6! Ta8?? ziehen: 11.Lxb7!! Txa5 12.Sc6 matt. Nach a6 verspricht 10.Lxa6 Ld6 11.Le2 Sf4 12.Lb5 Sfd5 13.Lxd7 Dxd7 14.Sxe4 0–0 15.Sxd6 Sxe3 16.fxe3 Dxd6 17.Db5 Tbe8 Weiß leichten Vorteil. 10.Sb5 Lf4 11.Lxf4 Sxf4

12.Lc4! Se6?! Sxc4 kostet die Dame: 13.Dxc7+ Ke7 14.Sf5+ Kf8 (Ke6 15.Dxc4+ Kxf5 16.Sd6+ Kg6 17.Sxe8) 15.Dc5+ Kf7 16.Sbd6+ Sxd6 17.Sxd6+ Kg6 18.Sxe8. Und 12…0–0–0 13.Sxa7+ Kb8 14.Lxg8 Dxg8 15.Sb5 verliert zu viel Material. 12…a6 büßt eine Figur ein, dürfte aber am ehesten noch Verwirrung stiften beim Gegner: 13.Txd7+! Dxd7 14.Td1 Dxd1+ 15.Kxd1 0–0–0+ 16.Kc1 Sfd5 17.Lxd5 Txd5 18.c4 Te5 19.Sd6+ Kb8 20.Db4 a5 21.Db3. 13.Lb3? 13.Dxa7 geht jetzt: Ta8 14.Dxb7 Sxc4 15.Dxc7+ Ke7 16.Sf5+ Kf8 17.Dxc4. De7? 0–0–0 14.Sxa7+ Kb8 15.Sxe4 Sc8 16.Sxc8 Lxc8 17.Sc3 b6 18.Da3 Txd1+ 19.Txd1 Df8 20.Dxf8 Txf8 lässt dem Nachziehenden Hoffnung, sich im schlechten Endspiel zu retten. 14.Sc3? 14.Sf5 Df7 15.Txd7+ Dxd7 16.Lxe6 Dxe6 17.Td1+ und Schwarz hat keinen guten Zug mehr: Ke8 (Kc8 18.Sxa7 matt) 18.Sxc7+ Kf7 19.Sxe6 mit Gewinnstellung. 0–0–0? Te8 bringt den Turm ins Spiel und hebt die Fesselung des Springers auf. 15.Sa4 sieht Weiß etwas im Vorteil. 15.Scxe4?! 15.Dxa7 entscheidet jetzt schnell. Lc6 16.Sf5 Df7 17.Tge1 Tge8 18.Txd8+ Txd8 19.Sxe4 Die schwarzen Figuren stehen unglücklich. Günthner kann sich nicht mehr richtig wehren. Ld5 20.Dxb6!! cxb6 (Lxe4 21.Lxe6+) 21.Sed6+ Txd6 22.Sxd6+ Kc7 23.Sxf7. Kb8 16.Tge1?! 16.Sf5! De8 17.Tge1 Dg6 18.Txd7 Sxd7 19.Lxe6 Tge8 20.Lxd7 Txd7 21.Sc5 Txe1+ 22.Dxe1 Dg5+ 23.Kb1 Td8 24.Sd7+ Ka8 25.De7 Tc8 26.Se3 ist erneut sehr komplex und wild. Tge8 Plötzlich steht der Nachziehende ausgeglichen. 17.Dh5 g6 18.Dh4 f5?? Das macht es einfach für Bischoff. g5 19.Dh6 Sf4 20.Dxf6 Sxg2 wahrt die Remisbreite. 19.Dxe7 Txe7 20.Sc5 Die schwarzen Türme stehen in Fesselungen, die Weiß mühelos ausnutzt. Tde8 Sxc5 21.Txe7 Th8 22.Se2 ist bei einer Qualität mehr Formsache für den Großmeister. 21.Sxd7+ Sxd7 22.Txe6 1:0. Txe6 23.Lxe6 Txe6 24.Txd7 Kc8 25.Tf7 (25.Txh7 f4 gewinnt den Springer zurück, bietet jedoch keine Rettungschance im Turmendspiel) 26.Tg7 fxg3 27.hxg3 Te2 28.f4 Txg2 29.Txg6 und die zwei Freibauern machen das Rennen.