Giri – Prusikin: Mit Minusdame droht Weiß weiterer Materialverlust – höchste Zeit den Turbo zu zünden…

Fantastisches Damenopfer rettet Kronprinz Giri den Kopf
Von Hartmut Metz
Die Bundesliga-Schlussrunde im Schwetzinger Schloss ist auf einhellige Begeisterung bei den 16 Vereinen, Spielern und Zuschauern gestoßen. Das einzigartige Ambiente zog zahlreiche Fans an – und obwohl diese den Großmeistern fast zu nah auf die Pelle rücken konnten, störten sich die Stars nicht daran. Die drei letzten Spieltage waren ein Fest des königlichen Spiels, bei dem sogar Legende Anatoli Karpow mitwirkte. Der Ex-Weltmeister gab ein Simultan und ging am Sonntag für Gastgeber Hockenheim ans Brett. Der 61-Jährige bewies dabei seine Klasse und trotzte dem beim WM-Kandidatenturnier drittplatzierten Peter Swidler von Meister OSG Baden-Baden ein Remis ab. Die aufregendste Partie im Schloss spielte jedoch einer von Karpows Kronprinzen: Anish Giri. Der Nieder- länder mit russisch-nepalesischen Wurzeln steht mit 18 Jahren bereits auf Platz 21 der Weltrangliste. Giri geht wie fünf weitere Holländer für Turm Emsdetten ans Brett. Mit 18:12 Punkten und Platz sechs schnitten die Münsterländer für ihre finanziell bescheidenen Verhältnisse sehr gut ab. Noch weniger kann der SC Forchheim seinen Akteuren bieten. Entsprechend gelten die Franken als Fahrstuhlmannschaft zwischen Liga eins und zwei. Mit nur 2:28 Punkten muss die Amateurtruppe als Tabellenvorletzter wieder mit den SF Berlin, SV Griesheim und Schlusslicht SV Norderstedt eine Klasse tiefer.
Forchheims Spitzenspieler Michael Prusikin lieferte sich in der 14. Runde einen offenen Schlagabtausch mit Giri. Der 18-jährige Wunderknabe zeigte sich nach der Partie gar nicht zufrieden, stand sein Großmeister-Kollege doch vor einer faustdicken Überraschung – mit einem fantastischen Damenopfer verhinderte der Emsdettener die Überraschung.

W: Giri S: Prusikin
1.c4 e5 2.Sc3 Sc6 3.g3 Lc5 4.Lg2 a6 5.e3 d6 6.Sge2 La7 7.d3 h5 8.h3 f5!? 9.h4 Eine Neuerung. Um schwarzes h4 zu verhindern, zieht Giri den Bauern nun doch in einem zweiten Schritt nach vorne. Dadurch werden die weißen Felder aber schwach, wie sich rasch zeigt. Sf6 10.d4 0–0 11.b3 f4! Ein überzeugendes Bauernopfer, mit dem Prusikin seine Figuren aktiviert. 12.dxe5 12.gxf4 exd4! 13.Sxd4 Sxd4 14.exd4 Lg4 15.Dd3 Dd7 ist für Schwarz etwas angenehmer. Nun verbietet sich 16.Lxb7 wegen Tae8+ 17.Le3 c5! 18.Lxa6 cxd4 19.Lb5 Db7 20.0–0 dxe3 21.Lxe8 Df3! und Weiß kann all die Drohungen nicht mehr parieren. f3! 13.Lxf3 Sxe5 14.Lg2 14.Sf4 Sxf3+ 15.Dxf3 c6 16.0–0 Lg4 17.Dg2 bietet dank des starken weißfeldrigen Läufers auf g4 Kompensation für den Bauern. Lg4 15.Lxb7? Das natürliche 15.0–0 Sf3+ 16.Kh1 Dd7 17.Lb2 Tae8 18.Dc2 verspricht eher eine verteidigungsfähige Stellung, auch wenn alle feindlichen schwarzen Figuren auf den Königsflügel ausgerichtet sind. Sf3+! 16.Kf1 Dd7! 17.Kg2 17.Lxa8?? scheitert am sofortigen Aus: Lh3+ 18.Txh3 Dxh3 matt. Tab8 18.Ld5+ Der Figurengewinn 18.Lxf3? Lxf3+ 19.Kxf3 verliert Haus und Hof: Dc6+! 20.Sd5 (20.e4 Sxe4+ 21.Sf4 Sxc3+ 22.Dd5+ Sxd5) Sxd5+ 21.Sf4 Sc3+ mit Damenverlust. Kh8 19.Lb2 Tbe8 20.Sf4! Ein interessanter wie einfallsreicher Versuch, um vielleicht doch den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Normale Züge wie 20.Tc1 Se5 21.Kg1 machen keinen Spaß mehr: Sxd5 22.Sxd5 Lf3 23.Lxe5 Txe5 24.Th2 Dg4 25.Tc2 c6 26.Sdc3 Txe3! 27.Dxd6 Tee8 28.Dd2 Te6 29.a3 Tfe8 und Weiß kann nichts mehr machen gegen den Druck auf e2, weil die Grundlinie auch zu schwach ist. Sxh4+? Erobert zwar die feindliche Dame, gibt jedoch Giri exzellente Chancen: Se5! und Weiß steckt in der Klemme. 21.Dc2 (21.f3?? Sxd5 22.Scxd5 – oder 22.fxg4 Sxe3+ – Lxf3+ 23.Dxf3 Sxf3 24.Kxf3 Dg4+ 25.Kg2 Txf4 26.Sxf4 Txe3) c6 22.Le4 Sxe4 23.Sxe4 Lf3+ 24.Kg1 Df5 und der Springer auf e4 geht verloren, weil ansonsten die weiße Dame hängt. 21.Txh4 Lxd1 22.Txd1 g5

Die Lage scheint verzweifelt für Weiß angesichts der bisherigen und drohenden Materialverluste mit den hängenden Figuren auf f4 und h4. 23.Se4!! Zerschlägt den gordischen Knoten. Giri kümmert sich nicht um die hängenden Figuren, sondern geht zum Gegenangriff auf den nun gefesselten Springer f6 über. gxh4 Txe4 bringt nichts wegen des Zwischenzugs 24.Txh5+ Kg7 25.Txg5+ Kh6 (Kh7 26.Th1+) 26.Tg6+ Kh7 27.Th1+. 24.Lxf6+ Kh7 25.Th1! In dieser erstaunlichen Stellung steht Weiß klar besser, obwohl der Anziehende mit drei Leichtfiguren für die Dame plus Turm einen eklatanten Materialnachteil hat. Txe4? Danach geht es rasch abwärts. Einzig Df5! leistet noch nennenswerten Widerstand. 26.Txh4 (aussichtsreich ist auch 26.Sg5+!? Kh6 27.Txh4 Txf6 28.Txh5+ Kg7 29.Sge6+ Dxe6 30.Sxe6+ Texe6 31.Lxe6 Txe6 32.Ta5 mit vier Bauern für eine Figur) Txf6 27.Txh5+ Kg7 Alles andere ist noch schlechter. 28.Txf5 Txf5 29.Se6+ Kh6 30.f4 Lxe3 31.Sxc7 Te7 (Txd5 32.Sxe8) 32.Se6 Lc5 33.g4 Txe6 34.gxf5 Te8 35.f6 Kg6 36.f7 Th8 37.Sg5 La3 38.Kg3 Lb4 39.Kg4 La3 40.f5+ Kg7 41.Sf3 Lb2 42.Sh4 Lf6 43.Sg6 Tb8 44.b4 Lc3 45.b5 axb5 46.cxb5 La5 47.f8D+ Txf8 48.Sxf8 Kxf8 49.f6 und Weiß gewinnt. 26.Lxe4+ Kg8 27.Ld5+ Kh7 28.Sxh5 Kg6 Andere Züge erweisen sich ebenso als unzureichend: c6 29.Txh4 cxd5 30.Sf4+ Kg8 31.Th8+ Kf7 32.Th7+ Ke8 33.Txd7 Kxd7 34.Sxd5. Die drei Bauern machen hernach locker das Rennen dank der Unterstützung der beiden starken Leichtfiguren. 29.Le4+! Kf7 Kxh5 30.Txh4 matt. 30.Txh4 Der König ist zwar dem Kreuzfeuer der feindlichen Figuren kurzzeitig entkommen, an der Niederlage ändert das jedoch wenig. c6 31.Tf4 Kg8 32.Lf5 Schwarz gab auf wegen Dc7 (Df7 33.Tg4+) 33.Tg4+ Kf7 34.Tg7+ Ke8 35.Txc7. 1:0.

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