Karjakin – Grischuk: Weiß schafft für seinen König “Einbruchsfelder” |
Russe verweist Weltmeister beim Heimspiel in Stavanger auf Platz zwei
Von Hartmut Metz
Sergej Karjakin hat auf Jubelposen verzichtet. „Kannst du nicht ein bisschen glücklicher aussehen?“, bat einer der Kommentatoren den Russen nach dem letzten Zug in Stavanger. „Ich bin glücklich – aber auch müde“, erklärte der Weltranglistenneunte sein ermattetes Äußeres. Beim Heimspiel der Nummer eins hatte Karjakin dem Norweger Magnus Carlsen wie schon beim ersten „Norway Chess“-Wettbewerb die Schau gestohlen. Obwohl der 24-Jährige nach neun Runden mit sechs Punkten vor dem Weltmeister (5,5) lag, konnte Karjakin nicht mit seinem Spiel zufrieden sein. Die Müdigkeit resultierte sicher auch daher, dass der jüngste Großmeister aller Zeiten (mit zwölf Jahren und sieben Monaten) häufig auf Verlust stand. Doch mit zähem Widerstand riss der frühere Ukrainer das Ruder mehrfach herum – vor allem gegen Anish Giri, der mit Dame und Turm gegen Dame und Läufer alles versuchte. Der Niederländer zog nach einem letzten Patzer in einer „Seeschlange“ über 131 Züge den Kürzeren. Der wichtigste seiner vier Siege gelang Karjakin gegen Alexander Grischuk.
Hätte der Weltranglistendritte seine frühe Gewinnstellung mit Schwarz verwertet, wäre er auf dem Platz an der Sonne gelandet. So reichte es dem Russen mit fünf Zählern nur zu Bronze vor Fabiano Caruana (Italien) und Wesselin Topalow (Bulgarien/beide 4,5) sowie Lewon Aronjan (Armenien), Wladimir Kramnik, Peter Swidler (beide Russland) und Giri (alle 4).
Die norwegische Nummer zwei fungierte nicht als Fallobst: Der frühere Fußball-Nationalspieler Simen Agdestein remisierte sieben Begegnungen und vergab dabei sogar die Chance auf mehr als die 3,5 Punkte. Nur in den letzten Runden unterlag der Weltranglisten-149. jedoch Topalow und seinem früheren Schützling Carlsen und fiel auf Position zehn zurück.
W: Karjakin S: Grischuk
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 d5 4.cxd5 Sxd5 5.e4 Sxc3 6.bxc3 Lg7 7.Le3 c5 8.Tc1 Da5 9.Dd2 0–0 10.Sf3 Lg4 11.Sg5 Sa6 12.h3 Ld7 13.Ld3 Tac8 14.d5 c4 15.Lb1 Sc5 16.Ld4 Lxd4 17.cxd4? 17.Dxd4 ist laut Computer-Programmen der einzige Zug, der das Gleichgewicht wahrt. Sd3+ 18.Lxd3 cxd3 19.0–0 Lb5 20.c4 Da4 21.Dxd3 Lxc4 22.Dd4 b5 23.Tfd1 und der Ausgang ist offen. c3! Ein überraschender Zug und noch stärker als Dxd2+ 18.Kxd2 Sa4 19.Ke3 b5. 18.Txc3 Karjakin muss die Qualität opfern, um nicht noch mehr Material einzubüßen. 18.De3 c2+ 19.Ke2 cxb1D. Sd3+ 19.Txd3 Tc1+ Der Zug dürfte Weiß entgangen sein. 20.Ke2 Dxd2+ 21.Kxd2 Txh1 22.Tb3 b5? Ein voreiliger Vorstoß. b6 hätte es vorerst getan. Der Bauer hält vor allem das Feld c5 unter Kontrolle und verhindert dereinst, dass sich dort weiße Figuren einnisten. 23.Sf3 f6?! Tc8 ist besser, um eventuell auf der ersten Reihe die Türme zu verdoppeln. 24.Se5 Le8 25.Ld3 f6 26.Sc6 Lxc6 27.dxc6 Txc6 28.Txb5 Tb6 29.Tc5 Tb2+ 30.Ke3 Te1+ 31.Kf3 Td2 32.Lc4+ Kg7 33.Tc7 Txd4 34.Txe7+ Kf8 35.Tf7+ Ke8 36.Tc7 Kd8 37.Tc6 Texe4 sorgt für klare Verhältnisse. 24.Se1! Kerkert den Turm vorerst ein. a5 25.Tc3 Tc8 26.Tc5 b4? Kf8 27.Ld3 Tb8 28.Tc7 Ke8 29.Ta7 a4 ist etwas besser für Grischuk. 27.Ld3 27.Txa5 muss nicht sein, auch wenn das zum Remis reicht: Txe1 28.Kxe1 Tc1+ 29.Kd2 Txb1 30.Ta7 Lb5 31.Txe7 Tb2+ 32.Kc1 Txa2 33.d6 b3 34.Tb7 Tc2+ 35.Kd1 La4 36.d7 Lxd7 37.Txd7 Txf2 38.Kc1 Txg2. a4 28.Ta5 b3 29.axb3 axb3 30.Ta7 Td8 b2 31.Txd7 Tc1 32.Tb7 Tcxe1 33.Txb2 Ta1 führt zum Ausgleich. 31.Tb7 Ta8 32.Txd7 Ta2+ 33.Kc3 Txe1 34.Kxb3 Txf2 35.Txe7 Materiell befindet sich Schwarz noch im Vorteil mit Turm für Läufer und Bauer – doch dank des gefährlichen Freibauern auf d5 muss nur Grischuk aufpassen, dass nicht der Rubikon der Remisbreite überschritten wird. Te3 36.Kc4 Td2 37.Lb1 Tb2? Ein Fehler. Ta3 hält die Waage: 38.d6 Ta4+ 39.Kc5 Kf8 (nur nicht Taxd4? 40.La2+ Kf8 41.Ld5 Ta4 42.Txh7 Ta5+ 43.Kb6 Ta1 44.d7 Tb2+ 45.Kc5 Tc1+ 46.Kd4 Td1+ 47.Kc3 Tb8 48.Th8+ Ke7 49.Txb8 Kxd7 und Weiß gewinnt) 40.g4 Taxd4 41.Te6 Kf7 42.La2 Txd6 43.Txd6+ Txa2 44.Td7+. 38.d6! Kf8 39.Ld3 39.Txh7 geht als Zwischenzug ebenso: Ke8 40.Ld3 Txg2 41.Lf1 Tf2 42.Kd5 Txf1 43.d7+ Kd8 44.Kd6 Txe4 45.Th8+ Te8 46.Txe8 matt. Td2 40.Lf1 Ta3? Te1! 41.Kc3! Tdd1 (Ted1? 42.d5) 42.Lb5 Tc1+ 43.Kb4 Ted1 44.d5 Tc8 45.Tc7 Tb8 46.Kc5 Tc1+ 47.Kd4 Td1+ 48.Ke3 Td8 49.d7 Tb1 50.Tc8 Ke7 51.d6+ Kxd6 52.Txd8 Txb5 53.Tf8 Kxd7 54.Txf6 reicht noch knapp für ein remisiges Turmendspiel. 41.Kb4! Ta1 42.Lc4 Tc1 43.Tf7+ Ke8 44.d7+ Kd8 45.Kc5 Kc7 Tdc2 46.Kd6 mit undeckbarem Matt. 46.Txh7 Tcd1 Tdc2 47.d8D+ Kxd8 48.Kd6 Kc8 49.Ld5 Kb8 50.Tb7+ Ka8 (Kc8 51.Tb6 Kd8 52.Le6 verliert ebenso) 51.h4 und Schwarz kann sich nicht mehr rühren. 47.d5 Tc1 48.g4 g5
49.d8D++! Schafft für den weißen König Einbruchsfelder. Kxd8 50.Kd6 Ke8 51.Lb5+ Kf8 52.Ke6 Te1 Tf2 53.d6 Td1 54.d7 Kg8 55.Te7 Tfd2 56.Lc4 Td4 57.Ld5. 53.Kxf6 Tf2+ 54.Kg6! 1:0. Schwarz gab auf wegen Txe4 55.Th8+ Ke7 56.Te8+ Kd6 57.Txe4.