Hartmut Metz hat eine erfolgreiche Titelverteidigung bei den deutschen Senioren-Meisterschaften der Altersklasse Ü50 verpasst. Der Vorjahreschampion belegte an selber Stätte in Bad Wildungen 2024 „nur“ Platz fünf. Für die Annalen bedeutet es Rang vier, ist doch Turniersieger Michail Nekrasov nicht titelberechtigt, weil der Hockenheimer beim Schach-Weltverband FIDE noch immer unter ukrainischer Flagge gemeldet ist. Der 78-Jährige, der sich kurzfristig für die Teilnahme bei der Ü50 statt der Ü65 ummeldete, verdiente sich den Sieg mit sieben Punkten aus neun Runden.
Hartmut Metz (rechts) kämpfte zwar oft als Letzter im Turnier – aber sechs Remis nach optimalen Start waren zu viel des Guten. Hier teilt er sich später mit Thorsten Cmiel den Punkt.
Ehemaliger Iwantschuk-Trainer immer noch Schach-Ukrainer
Der ehemalige Trainer von Wassili Iwantschuk bekam zwar die 500 Euro Preisgeld – der nationale Titel ging aber an Dieter Pirrot. Der Hofheimer hatte damit überhaupt nicht mehr gerechnet und wollte in der letzten Partie nur „mein Turnier retten“. Doch zu seiner eigenen Überraschung entpuppte sich der seit 2006 in Deutschland lebende Nekrasov als Schach-Ukrainer! In der letzten Runde räumte Pirrot mit Schwarz den bis dahin führenden Michael Becker aus dem Weg und schloss mit 6,5 Zählern den Wettbewerb ab. Der Dessauer belegte somit lediglich Rang drei als deutscher Vizemeister. Becker führte den Pulk mit sechs Zählern an. Der Wattenscheider Janusz Koscielski hatte ebenfalls 51,5 Buchholz, aber die schlechtere Buchholzsumme als der bis zur Schlussrunde gewohnt stark spielende Becker. Koscielski lehnte unverständlicherweise ein frühes Remisangebot von Nekrasov in einem Läuferendspiel ab und übertrieb seine Bemühungen – sonst wäre er mit 6,5 Punkten deutscher Meister geworden!
Der Hockenheimer Mihail Nekrasov (rechts) schlägt Janusz Koscielski und gewinnt mit 78 Jahren das Ü50-Turnier.
Metz vergibt gute Titelchancen gegen Pirrot
Durchaus Aussichten hatte noch Metz. Der Kuppenheimer wies vor der letzten Runde noch die beste Buchholzwertung auf, hatte aber mit 5,5/8 einen halben Zähler Rückstand auf Becker, Nekrasov und Koscielski. Den hätte er in der achten Runde egalisieren können, ja müssen: Nach drei Auftaktsiegen über Karl Koopmeiners (Godesberg), Thomas Spiess (Ricklingen) und dem Bindlacher Gerald Löw folgten vier ausgekämpfte Remis gegen die anderen Topplatzierten. Im achten Durchgang bekam es Metz mit Pirrot zu tun. Mit Schwarz ging es über 112 Züge! Doch nach 62 Zügen war klar: Die Partie ist ins Remis verdorben! Metz hatte zuvor zwei Bauern gewonnen und schlug den weißen Angriff ab. Das Endspiel war mehrfach leicht gewonnen, aber Pirrot stellte einmal mehr maximale Probleme und rettete sich in ein Endspiel mit Turm und Springer gegen Turm. Der Kuppenheimer spielte zwar fast noch die maximale Anzahl von Zügen ohne Schlagfall, ehe der Friedensschluss mit dem Hofheimer IM folgte. Durch den geretteten halben Punkt hatte Pirrot noch Titelchancen und nutzte diese! „Ich musste wohl kräftemäßig der zusätzlichen Anstrengung an den beiden Schnellschach-Tagen Tribut zollen“, meinte Metz mit Blick auf den schwachen wie kraftlosen Abschluss.
Gute Performance sorgt für Elo-Plus
Metz kam so am Schluss mit Weiß gegen Michael Paris. Seine Siegchancen minimierte der Titelverteidiger mit einer schlechten Eröffnungsbehandlung gegen den Kölner, der eine Elo von 2151 aufweist. Doch der neue deutsche Schnellschach-Meister kämpfte noch einen Mehrbauer heraus. Das Endspiel mit drei gegen zwei Bauern mit je einem Läufer und Turm war allerdings nicht zu gewinnen. Nach 56 Zügen fügte sich Metz in die Zugwiederholung und den Verlust dieses Titels von 2023. Die 6/9 und Platz fünf sind zwar gut: Mit einer Performance von 2278 gewann Metz 23 Elo hinzu und hievte sich wieder so auf über 2200. Dennoch überwog die Enttäuschung bei der Nummer sieben der Setzliste. Mit dem möglichen Sieg über Pirrot wäre zwar die Auslosung eine andere gewesen, aber die Titelchancen wären noch intakt gewesen.
Sechs ausgekämpfte Remis mit durchschnittlich 64 Zügen
Die sechs Remis nach den drei Startsiegen waren alle ausgekämpft. Im Durchschnitt spielte der Titelverteidiger dabei 64 Züge! Das Spiel des Rochade-Cracks blieb aber zu energielos am Ende. Mag auch sein, dass die Anstrengung für den 60 Jährigen mit Fotografieren und Infos für seine Berichte zu sammeln, zu viel waren. Immerhin fiel auch der Vortrag von Robert Hübner wieder journalistisch interessant aus.
Markus Ehrlacher überzeugt in der Ü50
Ein starkes Turnier spielte auch Markus Ehrlacher: Das Rochade-Mitglied aus Iffezheim schaffte dank eines „glücklichen“ Schlussrunden-Siegs über Thomas Spiess, wie Ehrlacher kommentierte, die 50 Prozent. Die 4,5/9 bescherte ihm bei seiner ersten Senioren-Teilnahme eine Performance von 1936 Elo. Nach zwei Niederlagen und vier Unentschieden folgte ein starker Schlusspurt mit 2,5/3. Dadurch gewann der Iffezheimer Bereichsliga-Spieler 20 Elo hinzu.
Der Endstand mit allen Ergebnissen findet sich unter:
https://chess-results.com/tnr992112.aspx?lan=0&art=1